Mehr Infarkte bei Minusgraden
Der Herzkasper mag's gerne kalt
Extreme Temperaturen beeinflussen das Risiko von Herz-Kreislauf-Komplikationen. Tiefe Minusgrade etwa begünstigen akute Herzinfarkte. Gefährlich wird es aber bereits, wenn die Temperaturen moderat vom Optimum abweichen.
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Kanadische Forscher haben untersucht, wie sich die Umwelttemperaturen auf die Klinikeinweisungen aufgrund von koronarer Herzkrankheit und Schlaganfällen auswirken.
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TORONTO. Wie sich die Umwelttemperaturen auf die Klinikeinweisungen aufgrund von koronarer Herzkrankheit und Schlaganfällen auswirken, haben kanadische Forscher um Li Bai vom öffentlichen Gesundheitsdienst Ontario in Toronto untersucht. Sie werteten die Temperaturdaten der Jahre 1996 bis 2013 aus und setzten sie zu den Daten der Krankenhausaufnahmen im gleichen Zeitraum – 1,4 Millionen wegen koronarer Herzkrankheit, knapp 356.000 wegen Schlaganfällen – in Beziehung. Dabei glichen sie ihre Kalkulationen nach potenziellen Störgrößen wie Komorbiditäten, aber auch nach dem Grad der Luftverschmutzung ab (Heart 2017, online 3. November).
Die über 14 Wetterstationen hinweg ermittelten Durchschnittstemperaturen schwankten zwischen einem Minimum von minus 22,9°C und einem Maximum von plus 29,3°C. Der Bereich dazwischen wurde in Perzentile eingeteilt.
Als Optimum galt dabei jenes Temperaturperzentil mit den wenigsten stationären Aufnahmen.
- Für koronare Herzkrankheit war dies das 79. Perzentil, entsprechend 18,0°C.
- Für akuten Myokardinfarkt lag das Optimum beim 94. (22,1°C),
- für Schlaganfall allgemein beim 74. (16,6°C) und
- für ischämischen Insult beim 76. Perzentil (17,2°C).
Einweisungsraten bei den jeweiligen Optimumtemperaturen als Vergleichsgröße genommen, erhöhte sich die Hospitalisierungsrate aufgrund von koronarer Herzkrankheit bei Temperaturen bis zum 1. Perzentil (–16°C) um 9 Prozent. Zudem wurden 11 Prozent mehr Schlaganfallpatienten ins Krankenhaus gebracht. Für Patienten mit akutem Myokardinfarkt lag die Steigerung sogar bei 29 Prozent. Für ischämische Schlaganfälle ergab sich eine Erhöhung um 12 Prozent, die aber im Gegensatz zu den übrigen Zunahmen nicht signifikant ausfiel.
Warmes Wetter mit Temperaturen ab dem 99. Perzentil (25,2 °C) ließ die stationären Aufnahmen wegen koronarer Herzkrankheit um 6 Prozent steigen. Tendenziell war das auch für zerebrale Insulte – allgemein wie ischämiebedingt – der Fall, hier erreichten die Werte aber keine statistische Signifikanz. Nur für Personen über 65, die orale Antikoagulanzien einnahmen, ergab sich eine signifikante Erhöhung um 48 Prozent.
Die Extremwetterlagen waren aber insgesamt nur für einen geringen Teil der Hospitalisierungen verantwortlich. Laut Berechnungen von Bai und Kollegen gingen 2,5 Prozent der Einweisungen wegen Koronarproblemen auf Kälte und 1,2 Prozent auf Hitze zurück. Bei den Schlaganfällen lagen die Raten bei 1,7 Prozent und 1,8 Prozent. Die meisten Klinikaufnahmen von Patienten mit den genannten Erkrankungen erfolgten bei Temperaturen, die gemäßigt kalt oder gemäßigt warm waren, also zwischen dem 2,5. und 97,5. Perzentil in den betreffenden Messregionen lagen.
Einfluss von Wetter auf Hospitalisation
KHK: Bei -16°C erhöhte sich die Hospitalisierungsrate um 9 Prozent (verglichen mit der Optimaltemperatur mit den wenigsten stationären Aufnahmen). Temperaturen über 25,2°C ließen die stationären Aufnahmen um 6 Prozent steigen.
Schlaganfall: Bei -16°C wurden 11 Prozent mehr Patienten ins Krankenhaus gebracht.
Myokardinfarkt: 29 Prozent mehr Klinikeinweisungen gab es bei -16°C.