Einfluss auf die Zellen
Der Mensch schläft nicht fürs Hirn allein
Bei wem der Schlaf immer zu kurz kommt, der tut sich nichts Gutes: Wer weniger als fünf Stunden schläft, risikiert Probleme mit seinem Insulinstoffwechsel.
Veröffentlicht:CHICAGO / LOS ANGELES. Rund ein Drittel seines Lebens verschläft der Mensch. Wer hier Zeitverschwendung wähnt und länger wach zu bleiben sucht, tut sich keinen Gefallen.
Denn das Leben wird dadurch nicht verlängert, sondern sehr wahrscheinlich verkürzt. Laut den Ergebnissen einer Studie, die US-Forscher um Dr. Josiane L. Broussard mit sieben gesunden und schlanken jungen Erwachsenen gemacht haben, vermindert eine von 8,5 auf 4,5 Stunden reduzierte Schlafdauer die Insulinsensitivität des gesamten Körpers um 16 Prozent (Ann Intern Med 2012; 157: 549-557).
Betrachtet man isoliert die zelluläre Sensitivität der Adipozyten, ist sogar eine Senkung um 30 Prozent zu verzeichnen.
Das sind Größenordnungen, die den Unterschied von schlanken zu fettleibigen Menschen bzw. die Differenz von Nichtdiabetikern zu Diabetikern markieren. In der vorliegenden Studie genügte dafür bereits ein über vier Tage hinweg angehäuftes Schlafdefizit.
Die Probanden brachten in zufälliger Reihenfolge jeweils vier Tage mit 8,5 Stunden Nachtschlaf und, mit vierwöchigem Abstand, vier Tage mit nur 4,5 Stunden Schlaf zu - jeweils unter kontrollierten Bedingungen hinsichtlich der täglichen Kalorienaufnahme und der körperlichen Aktivität.
Neues Licht auf die Schlaffunktion geworfen
Die Schlafdauer wurde polysomnografisch überwacht. Am Ende jeder Phase wurden die Probanden einem Glukosetoleranztest unterzogen. Außerdem entnahmen die Forscher Proben des subkutanen Fettgewebes.
Während der Glukosetoleranztest Auskunft über die allgemeine Insulinsensitivität gab, versuchte man mit den Fettgewebsproben, den molekularen Mechanismen auf die Spur zu kommen, über die das Schlafdefizit die Reaktion der Zellen auf Insulin herabreguliert.
Dabei zeigte sich, dass der Mangel an Schlaf die Fähigkeit des Insulins beeinträchtigte, die Spiegel an phosphorylierter Proteinkinase B (Akt) zu erhöhen - ein entscheidender Schritt des Phosphoinositid-3- Kinase-Signalwegs, der die meisten metabolischen Insulinwirkungen vermittelt.
"Unsere Befunde werfen ein neues Licht auf die immer noch nicht restlos geklärte Funktion des Schlafs", schreiben die Wissenschaftler in ihrem Resümee. Nach traditioneller Vorstellung sei das Schlafen nur für das Gehirn notwendig.
Doch jetzt zeige sich, dass der Schlaf eine wichtige Rolle für die funktionelle Integrität einer Vielzahl peripherer Zellen spiele.
"Vom klinischen Standpunkt aus liegen nun weitere Beweise dafür vor, dass mangelnder Schlaf zur Entwicklung oder Verschlechterung metabolischer Störungen beiträgt", so das abschließende Fazit.