Bewertung durch das PEI

Deutschland setzt Corona-Impfung mit AstraZeneca-Impfstoff aus

Auf Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts setzt die Bundesregierung sämtliche Impfungen mit der AstraZeneca-Vakzine aus. Hintergrund sind Berichte über sieben Fälle von speziellen Hirnvenenthrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht: | aktualisiert:
Wird einstweilen auch in Deutschland „auf Eis gelegt“: AstraZenecas Corona-Vakzine.

Wird einstweilen auch in Deutschland „auf Eis gelegt“: AstraZenecas Corona-Vakzine.

© David Mdzinarishvili / TASS / dpa

Berlin/Langen. In Deutschland werden bis auf Weiteres sämtliche Impfungen mit der Corona-Vakzine AZD1222 (ChAdOx1-S) von AstraZeneca ausgesetzt. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montagnachmittag in Berlin mit.

Hintergrund ist eine „aktuelle Empfehlung“ des für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) im hessischen Langen. Demnach liegen Berichte von sieben Fällen von Hirnvenenthrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung vor, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Nachmittag in Berlin.

Das PEI teilt dazu mit: „Bei der Analyse des neuen Datenstands sehen die Experten des Paul-Ehrlich-Instituts jetzt eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit Thrombozytopenie und Blutungen in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca.“

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA entscheidet nun, ob es dadurch zu Änderung bezüglich der bedingten Zulassung des COVID-19-Impfstoffs von AstraZeneca kommt. „Ich hoffe, dass die EMA dies bis Ende dieser Woche tut“, so Spahn.

Bereits Geimpfte sollten auf Reaktionen achten

Personen, die bereits eine oder zwei Dosen der Vakzine erhalten haben, sollten nun darauf achten, ob über mehr als vier Tage Unwohlsein besteht oder es zu punktförmigen Hautblutungen oder starken, anhaltenden Kopfschmerzen kommt. In diesen Fällen sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden, betont das PEI.

In den vergangenen Tagen hatten bereits mehrere EU-Staaten die Impfungen mit der Vakzine ausgesetzt, nachdem es aus mehren Ländern einzelne Berichte über thromboembolische Ereignisse im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gab, darunter auch fatale Verläufe.

Mit sieben Fällen bei über 1,6 Millionen Impfungen hierzulande handle es sich zwar um ein sehr geringes Risiko – sofern sich tatsächlich ein Zusammenhang bestätige, betonte Spahn. „Aber sollte dem so sein, ist es eben auch ein relevantes Risiko, weshalb wir den fachlichen Empfehlungen des PEI gefolgt sind und die Impfungen vorsorglich ausgesetzt haben.“

Welche Auswirkungen die Empfehlungen des PEI auf die Impfstrategie habe, konnte Spahn noch nicht benennen. Bereits ausgelieferte Impfdosen des Impfstoffs verblieben nun bei den Ländern, noch nicht ausgelieferte Dosen im Bundeslager.

BÄK-Präsident nennt Schritt richtig

Bei Ärzteverbänden war am Montagabend unter anderem von einer „Vollbremsung“ die Rede, die die Impfkampagne jetzt erfahre. Zumindest kurzfristig seien viele Impftermine betroffen.

„Auch wir sind erst seit Kurzem mit der Nachricht konfrontiert. Wir hoffen auf baldige Infos, die wir in unsere Überlegungen einfließen lassen können“, sagte KBV-Sprecher Dr. Roland Stahl der „Ärzte Zeitung“. Wichtig sei, dass die EMA jetzt schnell Klarheit schaffen könne.

Die Bundesärztekammer (BÄK) nannte die Entscheidung, den AstraZeneca-Impfstoff vorübergehend auszusetzen, „richtig und wichtig“. Man dürfe kein Risiko eingehen, sagte BÄK-Chef Dr. Klaus Reinhardt am Montagabend in Berlin.

Die Datenlage sei nun genau zu analysieren und die möglichen Nebenwirkungen auf das Risikopotenzial hin zu überprüfen. Es brauche „völlige Transparenz“, ansonsten drohe Vertrauen verloren zu gehen, so der BÄK-Präsident. (Mitarbeit: af/hom)

Lesen sie auch
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

© Springer Medizin Verlag

Intens. Video-Podcast

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Pneumokokken-Impfschutz bei den Kleinsten oft unvollständig

© Olivier Le Moal - stock.adobe.com

Content Hub Impfen

Pneumokokken-Impfschutz bei den Kleinsten oft unvollständig

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Impfstoffe – Krankheiten vorbeugen, bevor sie entstehen

© MKC/ shutterstock

Impfungen

Impfstoffe – Krankheiten vorbeugen, bevor sie entstehen

Anzeige | MSD Sharp & Dohme GmbH
Kommentare
Dr. Christina Dietz 16.03.202112:43 Uhr

Mich würde interessieren, ob die aufgetretenen Fälle von Sinusvenenthrombosen sich nur auf weibliche Geimpfte beziehen, ob diese Frauen die Pille nehmen, ob evt. eine Gerinnungsstörung vorliegt!

Dr.med. Hans Joachim Hutt 16.03.202108:34 Uhr

Handelt es sich bei den 6+1 Fällen um eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Moschcowitz-Syndrom)? Das sollte auch entsprechend in Fachkreisen kommuniziert werden. Ich denke, dass wir dann auch mit Thrombozytenkontrollen und entsprechender Aufklärung/Steuerung den AZ-Impfstoff weiter einsetzen könnten (vorbehaltlich der anstehenden Prüfung durch das PEI). Es geht jetzt darum medizinisch exakt zu sein und das ist nicht einfach (s. Hart aber Fair gestern!)!

Dr. Stefan Graf 15.03.202118:31 Uhr

Damit dürfte AstraZeneka verbrannt sein. Es sind bei diesem Vakzin von Anfang an zu viele Ungereimtheiten passiert. Und selbst, wenn sich heraustellt, dass die aufgetretenen Hirnvenenthrombosen in keinem kausalen Zusammnhang mit den Impfungen stehen, wird das Vertrauen in weiten Bevölkerungsteilen nicht mehr herzustellen sein. Warum fokussiert man jetzt nicht alle Energie auf die schnellere Produktion und Beschaffung der bislang so erfolgreich verimpftem mRNA-Vakzine? Die Anaphylaxie-Risiken (Biontec) bei Vorbelastung scheinen doch gut beherrschbar zu sein.

Dr. Thomas Georg Schätzler 15.03.202117:24 Uhr

BREAKING NEWS - DIE NEUESTE ENTWICKLUNG

"Mögliche Nebenwirkungen - Deutschland stoppt AstraZeneca-Impfungen
Stand: 15.03.2021 16:06 Uhr

Deutschland setzt vorübergehend Corona-Impfungen mit dem Wirkstoff von AstraZeneca aus. Dies bestätigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Zuvor hatten bereits andere Staaten die Impfungen gestoppt, wegen möglicher Nebenwirkungen des Präparats. Deutschland setzt die Corona-Schutzimpfungen mit dem Präparat von AstraZeneca vorerst aus. Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa halte das Paul-Ehrlich-Institut weitere Untersuchungen für notwendig, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn."
https://www.tagesschau.de/inland/corona-impfungen-astrazeneca-deutschland-101.html

Aber warum fahren Robert -Koch-Instituts (RKI) STIKO, Bundesregierung, Spahn, Lauterbach einen derart marktpolitisch orientierten, nicht mehr faktenbasierten Impf-Schlingerkurs? Behaupte heute das Gegenteil von morgen und umgekehrt? Verunsichern, beschädigen und frustrieren gutwillige Bevölkerungsteile, um damit böswillige Covidioten und Fundamentalisten unbeabsichtigt zu bestätigen?https://www.doccheck.com/de/detail/articles/32173-es-geht-nicht-voran

Unter zehn verabreichte Impfdosen pro 100 Einwohner ist traurige Bilanz in Deutschland:
1. Zu wenig Impfstoff
2. Fehlerhafte Terminvergaben
3. Überbürokratisierte Hürden
4. Kommunikation/Marketing dilettantisch
5. Planungs-/Logistikprobleme

Die jüngste, irrtümlich salopp gemeinte Äußerungen von Jens Spahn spricht Bände:
"Jeder hätte in Deutschland wohl mindestens einen in seiner Familie, der schon gegen Corona geimpft worden sei" lassen insbesondere diejenigen ratlos, die für ihre Älteren noch immer keinen Impftermin ergattern konnten.

Typische Erklärung von einem DINK (double income no kids). Außerdem brodelt es in Deutschland auch wegen der jüngsten Landtagswahl-Ergebnisse in BAWÜ und Rheinland-Pfalz.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025