Gastbeitrag
Diese Rechte und Pflichten haben Ärzte im Ebola-Einsatz
Auch deutsche Ärzte helfen beim Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika. Dabei unterliegen die Mediziner im Hilfseinsatz nicht nur der Berufsordnung ihrer Kammer. Im Krisengebiet gelten einige Besonderheiten.
Veröffentlicht:Seit dem Frühjahr dieses Jahres breitet sich das Ebola-Virus in Westafrika (Guinea, Liberia, Nigeria und Sierra Leone) rapide aus. Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Epidemie zur "Gesundheitlichen Notlage mit internationaler Tragweite" erklärt.
Laut Angaben der WHO sind mehr als 4700 Menschen mit dem Virus infiziert, etwa 2300 Menschen sind bereits an Ebola verstorben, und die Zahl der Infizierten und Toten steigt von Tag zu Tag.
Die Autoren
Professor Christian Dierks und Julia Godemann sind Rechtsanwälte der Kanzlei Dierks + Bohle Rechtsanwälte mit Standorten in Berlin, Düsseldorf und Brüssel.
Nach Ansicht der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" reichen die internationalen Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit nicht aus. In den Krisengebieten werden neben der erforderlichen technischen Ausstattung insbesondere noch mehr medizinische und epidemiologische Experten gebraucht.
Mit der Bereitschaft zum freiwilligen Einsatz werfen sich neben rein organisatorischen Fragen vor allem auch Fragen rechtlicher Natur auf. Ein deutscher Arzt, der sich als freiwilliger Helfer nach Afrika begibt, steht dort zwar nicht im rechtsfreien Raum. Aber welche Rechte und Pflichten gelten für ihn?
Die Berufsordnung gilt
Als deutscher Arzt unterliegt er dem ärztlichen Berufsrecht. In der Präambel zur Musterberufsordnung, die über die Umsetzung in den Berufsordnungen der Ärztekammer seine Wirkung entfaltet, wird klargestellt, dass sich die Berufsordnung auf die in Deutschland tätigen Ärzte bezieht.
Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass ein deutscher Arzt, der kurzzeitig im Ausland tätig ist, in dieser Zeit nicht der Berufsordnung unterliegt? Wohl nicht, denn er bleibt ja weiterhin Mitglied in seiner Kammer und als solches unterliegt er der Berufsordnung. Die üblichen berufsrechtlichen Pflichten gelten ortsunabhängig.
Bei der Behandlung von Ebola-Patienten kommt der Arzneimitteltherapie eine entscheidende Rolle zu. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welches Arzneimittelrecht Anwendung findet.
Darf ein deutscher Arzt während des Einsatzes nur zugelassene Arzneimittel verwenden? Gelten Besonderheiten, wenn es sich um einen Einsatz im Krisengebiet handelt?
Zu dem Einsatz von nicht zugelassenen Arzneimitteln bei Ebola-Patienten hat sich jüngst die WHO geäußert. Sie hält den Einsatz von bisher nicht zugelassenen Arzneimitteln für ethisch grundsätzlich vertretbar.
Die Beachtung der ethischen Kriterien fordere jedoch insbesondere eine transparente Behandlung, die Einwilligung des betroffenen Patienten sowie dessen freiwilliges Einverständnis in die Behandlung, die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht sowie die Respektierung und Wahrung der Würde des Patienten, so die WHO.
Nicht nur ethisch, sondern auch rechtlich brisant bleibt der Einsatz von nicht zugelassenen - und häufig noch nicht einmal an Menschen erprobten - Arzneimitteln aber in jedem Fall.
Abkommen über die Geltung des Internationalen Privatrechts?
War die ärztliche Behandlung fehlerhaft und wird die Ebola-Patienten in der Folge geschädigt, stellt sich die weitere Frage, ob der Arzt zivil- und strafrechtlich belangt werden kann. Dies bestimmt sich zum einen nach dem nationalen Recht (zum Beispiel von Sierra Leone) und nach dem Internationalen Privatrecht.
Soweit ein Staat mit der Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über die Geltung des Internationalen Privatrechts abgeschlossen hat, wäre zu untersuchen, welche Auswirkungen sich daraus für die Rechtswahl- und Gerichtsstandsvereinbarung treffen lässt.
Ist der Arzt vor Ort zur Hilfeleistung verpflichtet? Welche landesspezifischen Regularien gelten hier? Das deutsche Strafrecht kennt für den Einsatz bei Notfällen den Paragrafen 323c Strafgesetzbuch.
Danach macht sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist.
Neben der Frage der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts im Einzelfall könnte eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung im Ebola-Krisengebiet bereits deshalb ausscheiden, weil sich der Arzt aufgrund der erheblichen Ansteckungsgefahr mit dem Ebola-Erreger selbst in große Gefahr begibt.
Vor Hilfseinsatz die Berufshaftpflichtversicherung überprüfen
Vor dem Auslandseinsatz sollte der Arzt in jedem Fall den Umfang seiner Berufshaftpflichtversicherung überprüfen. Oft ist der Versicherungsschutz für die ärztliche Tätigkeit im Ausland - insbesondere in Nicht-EU-Staaten - nur auf Erste-Hilfe-Leistungen beschränkt und die planmäßige Patientenbehandlung nicht abgedeckt.
Teilweise könnte im Einsatzland auch sogenannte lokale Versicherungspflicht bestehen. In diesem Fall müsste die Versicherung bei einem lokal zugelassenen Versicherer abgeschlossen werden, weil die Absicherung von Risiken über dort nicht zugelassene Versicherer nicht erlaubt ist.
Im Regelfall besteht allerdings Versicherungsschutz über die Hilfsorganisationen. Ob dies der Fall ist, gilt es im Vorwege abzuklären, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Fazit: Die ärztliche Tätigkeit im Ebola-Krisengebiet findet nicht im rechtsfreien Raum statt. Es stellen sich viele Rechtsfragen, von denen wenige beantwortet sind. Wie viele von den Rechtsfragen aber auch tatsächlich relevant werden können, hängt sicherlich auch von den Umständen des Einsatzes ab.
In Extremsituationen, wie sie jetzt in Liberia und Sierra Leone herrschen, muss aber auch berücksichtigt werden: Wer hilft, sollte im Zweifel das Recht auf seiner Seite haben.