Feldstudie
Ebola-Impfstoff scheint zu wirken
Eine aktuelle Auswertung bestätigt: Mit einer neuen Ebola-Vakzine konnten in einer Feldstudie alle Geimpften nach zehn Tagen geschützt werden. Wie hoch die Schutzwirkung tatsächlich ist, wird sich aber erst bei einem erneuten Ausbruch zeigen.
Veröffentlicht:Nun haben WHO-Forscher um Ana Maria Henao-Restrepo also nachgelegt: Im Juli 2015 veröffentlichten sie Zwischenergebnisse zu über 7600 Personen der Feldstudie "Ebola ça suffit" (Ebola, es reicht!) aus Westafrika. Damals waren 16 nicht geimpfte Personen einer Kontrollgruppe an Ebola erkrankt, aber keiner der Geimpften. Dieses Ergebnis wird in der Endauswertung bestätigt (Lancet 2016, online 22. Dezember). Hinzu kommen sieben Ebolafälle bei Teilnehmern, die für eine Impfung vorgesehen waren, aber nicht geimpft werden konnten.
Allerdings sind 23 Ebolafälle bei Ungeimpften und keiner bei Geimpften keine Zahlen, von denen sich eine ausreichende Schutzwirkung gegen das Virus ableiten lässt. Das Grundproblem der Studie bleibt die geringe Erkrankungsrate – die Vakzine konnte erst eingesetzt werden, als Ebola schon auf dem Rückzug war und kaum noch neue Fälle in Westafrika auftraten. Ohne Epidemie lässt sich die Schutzwirkung einer Vakzine aber nicht feststellen.
Gezielte Ringimpfungen
Immerhin haben die Forscher das Problem noch rechtzeitig erkannt und mit gezielten Ringimpfungen versucht, die Aussagekraft der Studie zu erhöhen. Sie haben also nicht wahllos einen Teil der Bevölkerung immunisiert, sondern nur die Kontaktpersonen von Ebolakranken sowie die Kontakte der Kontaktpersonen. Auf diese Weise erreichten sie Cluster von Menschen mit einem besonders hohen Risiko für eine Infektion.
Die Impfungen erfolgten in den Ebolagebieten in Guinea und Sierra Leone über eine einmalige Injektion der Vakzine rVSV-ZEBOV. Der Lebendimpfstoff stammt ursprünglich aus einem kanadischen Forschungsprogramm und basiert auf einem veränderten Vesikuläre-Stomatitis-Virus (rVSV), das Ebola-Glykoproteine enthält. Produziert wird die Vakzine vom Unternehmen MSD.
Um den Erfolg der Impfung zu prüfen, wiesen die Forscher die Cluster nach dem Zufallsprinzip einer sofortigen oder einer verzögerten Impfung zu. Die Cluster mit verzögerter Impfung (Kontrollgruppe) erhielten die Vakzine erst nach der maximalen Inkubationszeit von 21 Tagen nach dem Kontakt. Hatten sich also einzelne Personen des Clusters angesteckt, sollte die Krankheit in dieser Zeit bei ihnen ausbrechen.
Die Forscher haben zwischen dem 1. April und 31. Juli 2015 insgesamt 98 Cluster mit knapp 9100 Personen in die Studie aufgenommen. 51 Cluster erhielten die sofortige, 47 die verzögerte Impfung, jedes Cluster bestand im Mittel aus 80 Personen. Ab dem 1. August 2015 wurden zudem 19 Cluster mit 2745 Personen nichtrandomisiert geimpft.
In den Clustern mit sofortiger Impfung erhielt etwa die Hälfte der Kontaktpersonen den Impfstoff, die übrigen wollten die Immunisierung nicht oder waren aufgrund von Kontraindikationen nicht geeignet. So waren Schwangere und stillende Müttern ausgeschlossen, Kinder bekamen erst ab Mitte August 2015 die Vakzine.
In den randomisierten Clustern mit sofortiger Impfung erkrankte keiner der Geimpften ab dem zehnten Tag nach der Immunisierung – von da an wird von einer Schutzwirkung ausgegangen. Dagegen brach das Fieber – wie bereits in der Zwischenauswertung berichtet –zwischen Tag 10 und 21 bei 16 Personen in den Clustern mit verzögerter Impfung aus. Wurden auch Kontaktpersonen berücksichtigt, die sich nicht hatten impfen lassen, dann waren sieben weitere Personen betroffen. Letztlich konnten die Forscher Ebola bei 23 verzögert oder gar nicht geimpften Teilnehmern nachweisen.
Keine Neuinfektionen mehr nach sechs Tagen
Vor der Zehntagesfrist kam es jedoch auch in den Clustern mit sofortiger Impfung noch zu neun Ebolafällen bei den Geimpften, allerdings nur bis Tag sechs nach der Impfung. In den Clustern mit verzögerter Impfung erkrankte sechs Tage nach der Impfung ebenfalls niemand mehr. Rein rechnerisch liegt damit die Schutzwirkung zehn Tage nach der Immunisierung bei 100 Prozent – basierend allerdings auf einer sehr kleinen Fallzahl. Die Schutzwirkung der Ringimpfung wird auf 70 Prozent taxiert. Bei einer beobachteten Durchimpfungsrate von etwa 52 Prozent werden also nicht nur die Geimpften, sondern auch vieler ihrer Kontakte geschützt.
Häufigste unerwünschte Wirkungen waren Kopf- und Muskelschmerz bei jeweils 25 und 13 Prozent der Geimpften sowie Fatigue (19 Prozent). Ein Proband erlitt einen anaphylaktischen Schock, ein weiterer eine heftige Fieberreaktion, beide erholte sich wieder vollständig.
"Die Ergebnisse kommen zwar für diejenigen zu spät, die ihr Leben während der Ebola-Epidemie in Westafrika verloren haben, beim nächsten Ausbruch werden wir jedoch gewappnet sein", sagte Dr. Dr. Marie-Paule Kieny, stellvertretende WHO-Generaldirektorin für Innovationen und Gesundheitssysteme in einer Mitteilung der Organisation.