HINTERGRUND
Eizellen gesunder Frauen und eine neue Technik brachten möglicherweise Klonerfolg
Was dem Südkoreaner Professor Hwang Woo-Suk nachweislich nicht gelungen ist, glauben jetzt US-Forscher um Dr. Andrew French des Unternehmens Stemagen in San Diego geschafft zu haben: Durch Klonen mit dem Erbgut einer Hautzelle menschliche Embryonen zu erzeugen. Ihr Erfolg beruhe unter anderem darauf, dass sie Eizellen von jungen gesunden Frauen verwendet und eine neue Technik angewandt haben.
Die Forscher heben hervor, dass sie die ersten seien, denen das Vorhaben gelungen sei. Sie betonen zudem, dass sie viele Monate gebraucht hätten, den genetischen Beweis zu erbringen, dass es sich bei in den Versuchen entstandenen Blastozysten um Klone handelt. Zudem seien sie die ersten Forscher, die alle forschungsrelevanten Daten akribisch dokumentiert hätten.
Die Publikation sollte nicht überbewertet werden
Nach Ansicht des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Stammzellforschung, Professor Jürgen Hescheler von der Universität Köln, handelt es sich bei den in der Online-Ausgabe der Zeitschrift "Stem Cells" veröffentlichten Forschungsdaten um eine solide vorgenommene Arbeit. Die Veröffentlichung sei jedoch nicht überzubewerten. Der Stammzellforscher Professor Oliver Brüstle von der Universität Bonn sagte zur dpa, die Ergebnisse der Klonversuche müssten nun sorgsam geprüft und reproduziert werden. Ähnliche Daten seien bereits 2005 veröffentlicht worden. Damals wie heute sei es letztlich nicht gelungen, Stammzell-Linien für die Medizin zu gewinnen. In Deutschland sind solche Versuche verboten.
Der österreichische Stammzellforscher Professor Konrad Hochedlinger, der am Zentrum für Regenerative Medizin des Massachusetts General Hospital in Boston forscht, hält es durchaus für möglich, dass den US-Forschern das Klonen gelungen ist. Die verwendeten Eizellen von jüngeren Spenderinnen seien qualitativ wahrscheinlich besser. Und die Kultivierungsmethode der US-Forscher sei im Vergleich zu den Versuchen von Hwang etwas unterschiedlich gewesen. "Beides mag zum Erfolg beigetragen haben", so Hochedlinger zur "Ärzte Zeitung". Seiner Ansicht nach sollte das auch als therapeutisches Klonen bezeichnete Verfahren auf jeden Fall genutzt werden, um humane embryonale Stammzellen herzustellen.
Sollte man nicht deutlich mehr als bisher auf induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) setzen, also auf jene Zellen aus ausdifferenzierten Zellen, deren Entwicklungsstufe zurückgedreht wurde und die humanen embryonalen Stammzellen sehr ähnlich sind? Hochedlinger: "Wir wissen bis jetzt nicht, ob humane iPS-Zellen qualitativ genauso gut sind wie humane embryonale Stammzellen, die durch als Klonen bezeichneten Kerntransfer hergestellt wurden." Der Vorteil von geklonten Zellen wäre, dass keine Viren und Onkogene involviert sind - wie dies bei iPS-Zellen der Fall ist -, die Krebs auslösen könnten, meint Hochedlinger.
Für Dr. Peter Liese ist "das Klonen von Embryonen menschlich gesehen kein Durchbruch, sondern eine Horrormeldung". Liese ist CDU-Europaabgeordneter und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Bioethik der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-ED). Seiner Ansicht nach "wird es unendlich schwer sein, diese Ergebnisse in anwendbare Therapien umzumünzen". Der richtige Weg sei die Reprogrammierung adulter Zellen und vor allem die Forschung mit adulten Stammzellen.
Frenchs Angaben zufolge verwendeten die US-Wissenschaftler in ihren Versuchen insgesamt 25 Eizellen. Aus diesen entstanden durch das Klonen, für das das Erbgut der Hautfibroblasten zweier gesunder Männer verwendet wurden, fünf frühe Embryonen, so genannte Blastozysten. Nur eine Blastozyste enthielt schließlich das genetische Material der Spenderhautzelle sowie die mitochondriale DNA der Spendereizelle.
Anders als beim Klonschaf Dolly verpflanzten die US-Wissenschaftler einen Hautfibroblasten unter die Zona pelucia, also die äußere Hülle einer entkernten Eizelle. Schließlich verschmolzen die Forscher Eizelle und Fibroblast mit Hilfe zweier elektrischer Impulse. Nach 20 Minuten wurden noch nicht fusionierte Embryonen erneut elektrischen Impulsen ausgesetzt. Durch das Klonen entstanden Blastozysten, in denen sich bereits die innere Zellmasse entwickelt hatte, also jene Zellart, aus denen embryonale Stammzellen gezüchtet werden. Die Blastozysten waren dann etwa 5 bis 6 Tage alt.
Das Herstellen menschlicher Embryonen ist bereits dem deutschen Forscher Professor Miodrag Stojkovic, damals an der Universität Newcastle in Großbritannien, gelungen. Allerdings verwendete Stojkovic beim Klonen statt des Zellkerns einer ausdifferenzierten Zelle, etwa eines Fibroblasten, den Nukleus einer embryonalen Stammzelle. Den Forschungserfolg der Wissenschaftler um French kommentierte Stojkovic mit dem Hinweis, dass es nicht ausreiche, gezeigt zu haben, dass es möglich ist, menschliche Blastozysten durch Klonen herzustellen. Nun gehe es vor allem darum, aus solchen frühen Entwicklungsstadien embryonale Stammzellen zu züchten.
Die Publikation sowie der Kommentar von Stojkovic sind frei abrufbar im Internet unter http://stemcells.alphamedpress.org/papbyrecent.dtl
FAZIT
Ob tatsächlich erstmals aus einer menschlichen Hautzelle ein Embryo geklont worden ist, wie US-Forscher behaupten, müssen andere Forscher erst bestätigen. Schon jetzt aber glauben auch deutsche Stammzell-Forscher, dass die Klonversuche gelungen sind. Das eigentliche Ziel des Forschungsklonens, die Herstellung humaner embryonaler Stammzellen, haben die Wissenschaftler des US-Unternehmens Stemagen allerdings nicht erreicht. Erst solche Zellen sollen es eines Tages ermöglichen, Ersatzgewebe etwa für Patienten mit Diabetes mellitus zu züchten.(ple)
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Menschheit braucht keine Klone