Sichelzellanämie
Erfolg mit Gentherapie
Französische Ärzte haben erstmals einen Patienten mit einer Sichelzellkrankheit durch eine Gentherapie erfolgreich behandelt.
Veröffentlicht:PARIS. Die einzige kurative Option für Patienten mit einer Sichelzellanämie ist die Transplantation allogener hämatopoetischer Stammzellen. Allerdings erhält nur maximal jeder fünfte Patient ein passendes Transplantat.
Nachdem französische Ärzte um Dr. Jean Antoine Ribeil vom Necker-Kinderhospital in Paris im Tiermodell belegt hatten, dass sich durch Übertragung einer spezifischen Genvariante des Betaglobin-Gens erkrankte Tiere heilen ließen, haben die Forscher einen 13-jährigen Patienten gentherapeutisch behandelt (NEJM 2017; 376: 848–855). Der Junge war homozygot für das Sichelzellgen HbS und musste sich im Verlauf der Erkrankung einer Cholezystektomie und einer Splenektomie unterziehen. Im Alter von zwei und neun Jahren wurde er mit Hydroxyurea behandelt.
Da die Symptome der Hämoglobinopathie nicht gelindert wurden, begannen die Ärzte eine prophylaktische Erythrozytentransfusion, inklusive einer Eisenchelation mit Deferasirox. In den neun Jahren vor Beginn der Transfusionstherapie hatte der Patient im Schnitt 1,6 Krankheitsereignisse pro Jahr im Zusammenhang mit der Sichelzellkrankheit, etwa schmerzhafte vasookklusive Krisen, die zu irreversiblen Organschäden führen. Im Alter von 13 Jahren wurde der Junge in die Studie HGB-205 aufgenommen und mit dem Gentherapie-Produkt LentiGlobin® BB305 der US-Firma Bluebird Bio behandelt.
Für die Gentherapie wurden dem Patienten hämatopoetische Stammzellen entnommen und diese mithilfe einer Lentivirus-Genfähre genetisch verändert. Dabei schleusten die Wissenschaftler eine bestimmte Betaglobin-Variante mit einer einzigen Punktmutationin die Zellen, wodurch die Sichelzellbildung (HbS) verhindert wird. Das synthetisierte Erwachsenenglobin lässt sich zudem quantitativ nachweisen. Nach einer Myeloablation durch intravenös appliziertes Busulfan wurden die genetisch veränderten Stammzellen reinfundiert.
Wie die Ärzte aus der Arbeitsgruppe von Professor Marina Cavazzana nach einem Follow-up von 15 Monaten berichten, wurde durch die Gentherapie der Anteil des therapeutischen Betaglobins auf 50 Prozent aller betaglobinähnlichen Proteine erhöht.
Zugleich kam es nicht mehr zu Symptomen der Sichelzellkrankheit, etwa zu vasookklusiven Krisen. Stationäre Behandlungen waren nicht mehr erforderlich. Auch die Schmerztherapie konnte beendet werden.