Sichelzellanämie

Erfolg mit Gentherapie

Französische Ärzte haben erstmals einen Patienten mit einer Sichelzellkrankheit durch eine Gentherapie erfolgreich behandelt.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Sichelzellen unter dem Rastrelektronenmikroskop: Das pathologische Hämoglobin S verändert die Form der Erythrozyten.

Sichelzellen unter dem Rastrelektronenmikroskop: Das pathologische Hämoglobin S verändert die Form der Erythrozyten.

© Janice Haney Carr/CDC

PARIS. Die einzige kurative Option für Patienten mit einer Sichelzellanämie ist die Transplantation allogener hämatopoetischer Stammzellen. Allerdings erhält nur maximal jeder fünfte Patient ein passendes Transplantat.

Nachdem französische Ärzte um Dr. Jean Antoine Ribeil vom Necker-Kinderhospital in Paris im Tiermodell belegt hatten, dass sich durch Übertragung einer spezifischen Genvariante des Betaglobin-Gens erkrankte Tiere heilen ließen, haben die Forscher einen 13-jährigen Patienten gentherapeutisch behandelt (NEJM 2017; 376: 848–855). Der Junge war homozygot für das Sichelzellgen HbS und musste sich im Verlauf der Erkrankung einer Cholezystektomie und einer Splenektomie unterziehen. Im Alter von zwei und neun Jahren wurde er mit Hydroxyurea behandelt.

Da die Symptome der Hämoglobinopathie nicht gelindert wurden, begannen die Ärzte eine prophylaktische Erythrozytentransfusion, inklusive einer Eisenchelation mit Deferasirox. In den neun Jahren vor Beginn der Transfusionstherapie hatte der Patient im Schnitt 1,6 Krankheitsereignisse pro Jahr im Zusammenhang mit der Sichelzellkrankheit, etwa schmerzhafte vasookklusive Krisen, die zu irreversiblen Organschäden führen. Im Alter von 13 Jahren wurde der Junge in die Studie HGB-205 aufgenommen und mit dem Gentherapie-Produkt LentiGlobin® BB305 der US-Firma Bluebird Bio behandelt.

Für die Gentherapie wurden dem Patienten hämatopoetische Stammzellen entnommen und diese mithilfe einer Lentivirus-Genfähre genetisch verändert. Dabei schleusten die Wissenschaftler eine bestimmte Betaglobin-Variante mit einer einzigen Punktmutationin die Zellen, wodurch die Sichelzellbildung (HbS) verhindert wird. Das synthetisierte Erwachsenenglobin lässt sich zudem quantitativ nachweisen. Nach einer Myeloablation durch intravenös appliziertes Busulfan wurden die genetisch veränderten Stammzellen reinfundiert.

Wie die Ärzte aus der Arbeitsgruppe von Professor Marina Cavazzana nach einem Follow-up von 15 Monaten berichten, wurde durch die Gentherapie der Anteil des therapeutischen Betaglobins auf 50 Prozent aller betaglobinähnlichen Proteine erhöht.

Zugleich kam es nicht mehr zu Symptomen der Sichelzellkrankheit, etwa zu vasookklusiven Krisen. Stationäre Behandlungen waren nicht mehr erforderlich. Auch die Schmerztherapie konnte beendet werden.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neurologische Entwicklungsstörungen

Epilepsie in der Schwangerschaft: Start mit Lamotrigin empfohlen

Lesetipps
Ein Mann hat Kopfweh und fasst sich mit beiden Händen an die Schläfen.

© Damir Khabirov / stock.adobe.com

Studie der Unimedizin Greifswald

Neurologin: Bei Post-COVID-Kopfschmerzen antiinflammatorisch behandeln

Der gelbe Impfausweis

© © mpix-foto / stock.adobe.com

Digitaler Impfnachweis

eImpfpass: Warum das gelbe Heft noch nicht ausgedient hat

Ein Aquarell des Bundestags

© undrey / stock.adobe.com

Wochenkolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zum Ampel-Aus: Eigenlob und davon in rauen Mengen