Für Hochbetagte

Herzinfarkt seltener tödlich

Immer mehr Menschen über 85 Jahre überleben ihren Herzinfarkt. Der Grund für die erhöhten Überlebenschancen: die leitliniengerechte Therapie.

Von Dr. Dagmar Kraus Veröffentlicht:
Symbolbild eines Herzinfarkts.

Symbolbild eines Herzinfarkts.

© Springer Verlag GmbH

WORCESTER. Wer heute mit einem Herzinfarkt in die Klinik eingewiesen wird, hat bessere Überlebenschancen als noch vor zehn Jahren.

Das gilt auch für hochbetagte Patienten, die das 85. Lebensjahr bereits überschritten haben, wie eine aktuelle Erhebung der Gerontologin Jennifer Tjia von der University of Massachusetts in Worcester und ihrer Kollegen bestätigt (American Journal of Medicine 2013; 126: 798).

Als Hauptgrund machten die Wissenschaftler vor allem eine zunehmend leitliniengerechte Medikation der Hochbetagten aus und zu einem geringeren Teil die steigende Zahl interventioneller Eingriffe.

Daten von 1137 Patienten analysiert

Dieses Bild zeichnen die Daten von 1137 Herzinfarkt-Patienten im Alter über 85 Jahre, die zwischen 1997 und 2007 in einer der elf größeren medizinischen Kliniken in Worcester eingeliefert worden waren.

Hatten in den Jahren 1997 bis 2001 59,8 Prozent der Senioren länger als 90 Tage nach der Klinikentlassung überlebt, waren es im Zeitraum 2003 bis 2007 schon 69,1 Prozent (p ‹ 0,05).

Tjia und ihre Kollegen interessierte in diesem Zusammenhang auch, wie die Patienten behandelt worden waren.

Sie legten ein besonderes Augenmerk auf die leitliniengerechte Medikation mit Acetylsalicylsäure (ASS), ACE-Hemmern bzw. Angiotensin-Rezeptor-Blockern, Betablockern und Lipidsenkern.

Die Zahl der Verschreibungen stieg

Während zwischen 1997 und 2003 im Durchschnitt nur 2,3 Vertreter der 4 Medikamentengruppen in der Klinik und nur 1,8 nach Entlassung auf dem Behandlungsplan standen, waren es später 3,4 bzw. 2,9 (beides Mal p ‹ 0,001).

Dabei stieg innerhalb des Untersuchungszeitraums die Zahl der Verschreibungen bei allen vier in den Leitlinien empfohlenen Wirkstoffen.

Gleichzeitig gab es immer weniger Fälle, bei denen bei der Medikation auf eine der Wirkstoffklassen komplett verzichtet worden war. Hatten im ersten Untersuchungszeitraum noch 30 Prozent der Patienten die Einnahme von ASS nach dem Klinikaufenthalt nicht fortgeführt, waren es später nur noch 17,2 Prozent (p ‹ 0,05).

Gleichzeitig stieg auch die Zahl interventioneller Eingriffe: für perkutane Koronarinterventionen beispielsweise von unter 1 Prozent im Jahr 1997 auf 14,6 Prozent im Jahr 2007 (p ‹ 0,001).

Die intensiver an den Leitlinien orientierte Therapie kristallisierte sich gemäß verschiedener Regressionsmodelle tatsächlich als ausschlaggebender Faktor für die mit den Jahren steigenden Überlebenschancen der Hochbetagten heraus.

Während beim direkten Vergleich das Sterberisiko der zwischen 2003 und 2007 Behandelten signifikant niedriger lag (unadj. HR 0,73) und sich daran auch nichts änderte, nachdem die Patientencharakteristika berücksichtigt waren (adj. HR 0,78), nivellierte sich der Überlebensvorteil der späteren Jahre, sobald die leitliniengerechte Medikation als Faktor einfloss (adj. HR 1,26;).

Trotz Alter intensiv behandeln!

Lange Zeit habe man hochbetagte Patienten bewusst von Untersuchungen ausgeschlossen, weshalb bisher keine Evidenz für die Wirkung der aktuell empfohlenen Herzinfarkttherapie bei sehr alten Patienten existiere, bemängeln die Studienautoren.

Allerdings würden, so Tjia und ihre Kollegen, die aktuellen Daten dafür sprechen, dass Hochbetagte von einer intensiven leitliniengerechten Medikation zumindest im Hinblick auf die 90 Tage nach Entlassung profitieren.

In künftigen Studien müsse nun untersucht werden, ob sich mit einer leitliniengerechten Behandlung auch das Langzeitüberleben verbessert und welche Auswirkungen die Medikation auf die Lebensqualität der Patienten und das Rezidivrisiko hat.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Keine Altersdiskriminierung

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