Polypen sind Darmkrebs-Vorstufen: Der Krebs ist in Ländern mit hohem Rindfleischkonsum besonders häufig.

Polypen sind Darmkrebs-Vorstufen: Der Krebs ist in Ländern mit hohem Rindfleischkonsum besonders häufig.

© Sasa I. / panthermedia

Indizien sprechen für Darmkrebs durch Viren

In Ländern mit hohem Rindfleischkonsum ist das Darmkrebsrisiko hoch. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der Krebs durch Infekte bei nicht ausreichend gegartem Fleisch begünstigt wird.

Von Wolfgang Geissel

STUTTGART. Professor Harald zur Hausen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hat epidemiologische Daten zu Darmkrebs aus mehreren Ländern verglichen und deutliche Unterschiede in der Verbreitung festgestellt.

Dies könne nicht - wie bisher vermutet - allein durch krebserregende Kanzerogene, die bei der Zubereitung des Fleisches entstehen, erklärt werden, sagte der Krebsforscher bei der 2. Nationalen Impfkonferenz in Stuttgart.

Kanzerogene entstehen nämlich unabhängig von der Art des Fleisches, das gegart wird. Es gebe aber keinerlei Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen langfristigem Genuss von Fisch oder Geflügel und der Darmkrebs-Entstehung gibt, betonte zur Hausen.

Hingegen sei die Ausbreitung von Darmkrebs eng an den Genuss von Rindfleisch gekoppelt. So werde zum Beispiel in arabischen Ländern bevorzugt Schaf- und Ziegenfleisch gegessen, und dort sei die Rate von Dickdarmkrebs niedrig. In Indien, wo die Menschen überhaupt kein Rindfleisch essen, gebe es sogar fast gar keinen Dickdarmkrebs.

In Japan und Korea hingegen, wo Rindfleisch erst in den vergangenen Jahrzehnten zu einer besonders beliebten Kost geworden ist, steigt die Rate von Dickdarmkrebs rasant an. Der Krebsforscher vermutet daher im Rindfleisch einen Krebs-begünstigenden Faktor.

Für plausibel hält er, dass es sich dabei um ein hitzeunempfindliches Virus handeln könnte. Denn wenn Rindfleisch "medium" oder "roh" zubereitet wird, dann erreicht die Temperatur im Inneren meist nur 30° bis 50° Celsius - und das reicht bei weitem nicht aus, um solche Viren zu inaktivieren.

Bereits heute weiß man, dass etwa jede fünfte Krebserkrankung durch eine Infektion hervorgerufen werde, so zur Hausen weiter. Er selbst hat für seine Entdeckung von humanen Papillomaviren (HPV) als Ursache von Gebärmutterhalskrebs den Nobelpreis bekommen.

Weitere häufige krebsbegünstigende Erreger sind H. pylori als Ursache von Magenkrebs oder Hepatits-B-Viren (HBV) und -C-Viren als Ursache von Leberkrebs.

Bei Hepatitis B wurde zudem erstmals belegt, dass Krebs durch Impfprogramme stark reduziert werden kann, wie zur Hausen erinnert hat. So haben Impfprogramme bei Säuglingen in Taiwan binnen 20 Jahren zu einem Rückgang des Leberkrebses bei geimpften Personen um 70 Prozent geführt (J Natl Cancer Inst 101, 2009, 1348). Wer dabei trotz Impfung erkrankte, bei dem war der Krebs nicht durch HBV verursacht.

Ähnliche Erfolge seien auch mit HPV-Impfungen zur Prophylaxe von Zervixkarzinom möglich. In Deutschland wird die Impfung allen Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren empfohlen. Es sei aber derzeit nur ein Drittel von ihnen geschützt, sagte zur Hausen. In Australien seien es 84 Prozent.

 Die Impfquote gegen HPV ist nach Berichten über angebliche Nebenwirkungen in Deutschland rückläufig. Er verwies auf Studien australischer Forscher, denen zufolge auf 100.000 Impflinge lediglich eine einzige gravierende Nebenwirkung wie etwa eine Allergie gegen den Impfstoff festgestellt worden sei.

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Kommentare
Dr. Jürgen Schmidt 17.03.201115:57 Uhr

Schmeckt''s noch?

Der Krebsprofessor ist gedanklich vielleicht nicht allen hypothetischen Spuren gefolgt.

Rindfleischkonsum korreliert in den meisten westlichen Ländern mit der Exposition zahlreicher anderer Risikofaktoren. Aber der möglicherweise zu Krebs disponierenden Quotient aus Geldbeutel mal Zeit der sitzenden Tätigkeit (verlangsamt die Darmpassage) mal Alkoholkonsum mal Stress (und was noch dazu kommen mag) dürfte schwer für statistische Zwecke zu quantifizieren sein.

Sofern die folgende Aussage richtig zitiert ist,

"Weitere häufige krebsbegünstigende Erreger sind H. pylori als Ursache von Magenkrebs oder Hepatits-B-Viren (HBV) und -C-Viren als Ursache von Leberkrebs."

handelt es sich hier um einen Kurzschluss, denn die Grundlage des Krebses stellt die Infektion dar und nicht die Infestation.
Daraus ergibt sich ein zumindest beachtenswertes Gegenargument zur Virushypothese der Darmcarcinogenese, denn Rindfleisch führt in der Regel nicht zu Darminfektionen.

Aber diese Betrachtung darf - mit einem Seitenblick auf den kulinarisch interessierten Cokommentator - nicht schließen, ohne einen Hinweis auf die Zubereitung.
Der häufig genannte Grund, ein Steak nur halb durchzubraten, wird mit der ansonsten resultierenden oft zähen Konsistenz begründet, denn zwischen well done und Gummisohle ist oft nur ein schmaler Grat.

Bei mir kommt das gut abgehangene (!) rundum kurz angebratene Steak in den Backofen bei 160 Grad Umluft, bis es durch ist (20-30 Minuten) und dabei trotzdem garantiert zart und aromatisch geblieben ist.
Sofern man das Mahl mit einer Soße (Grundlage saure Sahne) - und natürlich Rotwein - auf die Spitze treiben möchte, sind Salate als Anlage wegen ihres Chlorophyllanteiles kontraindiziert, empfehlenswert sind haricot verts, frische Pilze, oder je nach Soße (Ingwer und Zitronengras ausprobieren) exotische Früchte. Wohl bekomm''s.



Dr. Horst Grünwoldt 17.03.201113:34 Uhr

Rindfleisch-Viren

Auch ein ehrenwerter deutscher Nobelpreisträger neigt offensichtlich -wie viele internationale Biomediziner- zu maßlosen Über- Interpretationen und Spekulationen! Erinnern wir uns stets: Was sind eigentlich Virus-Partikel? Jedenfalls geistern sie nicht in der Umwelt herum und entstammen auch nicht Miasmen, sondern sind stets endogenen Zellursprungs nach einer fehlgeleiteten, intrazellulären Proteinsynthese.Vielleicht ist sogar ihre Infektiosität und das hypothetische Ansteckungsmodell in Frage zu stellen? An welchen Rezeptoren sollen die auch auf der menschlichen Magen-Darm-Schleimhaut andocken? Nein, der gerade auch bei uns in Deutschland, sowie Holland und Dänemark übergewichtigen Schweinefleisch-Essern verbreitete Darmkrebs hat wohl seine plausible Erklärung darin, daß einfach diesen einseitigen Fleisch- und Wurstkonsumenten der Anteil an pflanzlicher Kost als Radikalfänger und Darm-Motilitäts-Faktor fehlt! Dies ist bei den oft auch übergewichtigen Orientalen wegen ihres ausgeprägten Verzehrs von Vegetabilien zum Fleischkonsum eben nicht der Fall; und bei den Indern wegen des Fleischmangels und der allgemeinen Unterernährung sowieso nicht gegeben. Genießen wir also aufgrund des unvergleichlichen Geschmacks zum Rotwein ein gut abgehangenes Stück Rindfleisch als Kurzgebratenes (franz. saignant oder englisch) und lassen dabei nicht einen knackigen grünen Salat in Vinegraitte links liegen! Alle drei delikaten Komponenten sind auch "medizinisch" geeignet, unser Hirn, Herz und die Muckies zu regenerieren. (Essig in Öl zum Salat dshalb, weil durch die Säure die alkalische Fleischverdauung wieder neutralisiert wird) Bon appetit a`tous! Dr. med. vet. Horst Grünwoldt (FTA Hygiene und Mikrobiologie) asu Rostock

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