Dänische Studie
Krebsrate durch verunreinigtes Valsartan bislang nicht erhöht
Dänische Datenbanken liefern bislang keine Hinweise auf eine erhöhte Krebsrate unter Patienten, die möglicherweise verunreinigtes Valsartan eingenommen haben.
Veröffentlicht:Das Wichtigste der Studie in Kürze
Frage: Lässt sich unter Patienten mit NDMA-belastetem Valsartan bereits eine erhöhte Krebsrate feststelle?
Antwort: In einer dänischen Analyse war dies nicht der Fall.
Bedeutung: Kurzfristig führt die Kontamination offenbar nicht zu einer Häufung von Tumoren.
Einschränkung: Nur wenige Krebserkrankungen diagnostiziert, kurze Beobachtungsdauer.
ODENSE. Die großen skandinavischen Patientenregister und -datenbanken haben einen unschlagbaren Vorteil: Es lässt sich relativ schnell überprüfen, ob medizinisch relevante Ereignisse Spuren in der Bevölkerung hinterlassen. So schlug vor wenigen Wochen der Skandal um mit Nitrosamin verunreinigtes Valsartan hohe Wellen.
Nun veröffentlichen Pharmakologen um Dr. Anton Pottegård bereits eine erste Analyse zur Krebsrate von Patienten, die verunreinigte Valsartan-Präparate eingenommen haben (BMJ 2018;362:k3851; doi.org/10.1136/bmj.k3851). Danach erkrankten dänische Patienten bislang nicht vermehrt an Krebs, wenn Apotheker ihnen in den vergangenen Jahren Valsartan von jenen Herstellern ausgehändigt hatten, bei denen Verunreinigungen mit dem kanzerogenen N-Nitrosodimethylamin (NDMA) nachgewiesen wurden.
Erst wenig Zeit seit NDMA-Exposition vergangen
Dies schließt natürlich nicht aus, dass es in den kommenden Jahren zu zusätzlichen Krebserkrankungen kommen könnte. Letztlich ist nur wenig Zeit seit der Exposition vergangen.
Die Forscher von der Universität in Odense schauten in diversen Datenbanken nach sämtlichen Dänen, die seit 2012 Valsartan aus der Produktion des chinesischen Unternehmens Zhejiang Huahai Pharmaceuticals bekommen hatten. Im Jahr 2012 hatte das Unternehmen den Produktionsprozess umgestellt, was offenbar zu NDMA-Rückständen in den Medikamenten führte.
Anhand einer Medikamenten-Nachweis-Nummer ließ sich genau feststellen, welche Chargen die Apotheker den einzelnen Patienten ausgehändigt hatten. Insgesamt enthielten 54 verschiedene Präparate den Wirkstoff Valsartan aus der verdächtigen Produktion. Diese beanspruchten einen Anteil von etwa einem Drittel an allen Valsartan-Rezepten.
20.000 Patientenjahre mit Valsartan-Einnahme analysiert
Für ihre Analyse berücksichtigten die Forscher nur Patienten über 40 Jahren, zudem gaben sie eine Latenzzeit von einem Jahr vor. Krebserkrankungen, die innerhalb eines Jahres nach der ersten Einnahme einer verdächtigen Valsartandosis auftraten, wurden also nicht gewertet.
Schließlich schauten sie nach Dosiseffekten: Da die NDMA-Verunreinigung mit der Valsartankonzentration in den Tabletten korrelierte, konnte die kumulative Valsartan-Gesamtdosis aus der belasteten chinesischen Produktion als Näherungswert für die NDMA-Belastung herangezogen werden.
Zwischen Ende 2011 und Mitte 2017 hatten insgesamt 5150 ältere Dänen ohne bisherige Tumorerkrankung Valsartan erhalten. Für diese lagen zum Zeitpunkt der Auswertung Nachbeobachtungsdaten über 4,6 Jahre vor.
Insgesamt konnten rund 20.000 Patientenjahre ausgewertet werden. Sobald jemand eine potenziell verunreinigte Charge bekommen hatte, wurde er der Kontaminationsgruppe zugeordnet, davor der Gruppe ohne Kontamination. Knapp 12.000 Patientenjahre – also 60 % – wurden daher als NDMA-exponiert gewertet.
Kein Dosiseffekt bei Krebserkrankungen
Wie sich zeigte, kam es im nichtexponierten Zeitraum zu 104 Krebserkrankungen, im exponierten zu 198. Wurden diverse Begleiterkrankungen und -medikamente berücksichtigt, war die Krebsrate im exponierten Zeitraum um 9 % höher als im nicht exponierten. Der Unterschied erwies sich aber als nicht statistisch signifikant. Zudem gab es keine Dosiseffekte – auch Patienten mit einer hohen kumulativen Dosis an potenziell belastetem Valsartan erkrankten nicht vermehrt an Tumoren.
Bezogen auf die häufigsten Tumoren traten unter exponierten Teilnehmern zwar zu 46 % häufiger kolorektale Karzinome und zu 81 % häufiger Uterustumoren auf, allerdings ließen die kleinen Fallzahlen hier ebenfalls keinen statistisch belastbaren Zusammenhang zu.
Die Daten sind natürlich mit Vorsicht zu betrachten: Die Nachbeobachtungszeit war sehr kurz, und in dieser Zeit wurden nur wenige Krebserkrankungen diagnostiziert. Eine ähnliche Analyse müsste folglich in einigen Jahren wiederholt werden.
Die Autoren um Pottegård sehen daher vor allem keinen Hinweis auf ein kurzfristig erhöhtes Krebsrisiko durch die NDMA-Kontamination. Ob es langfristig erhöht ist, wird sich erst in Zukunft zeigen.
Sie merken zudem an, dass die NDMA-Konzentrationen in den Vasartantabletten zu einer Belastung von maximal 0,3 Mikrogramm pro kg Körpergewicht und Tag führten. In Tierversuchen hätten sich erst 30-fach höhere Werte als karzinogen erwiesen.
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