Maschinelles Lernen
Kreislaufversagen auf Intensivstation vorhersagen
Mit der Methode des maschinellen Lernens haben Wissenschaftler in der Schweiz Daten von 36.000 Aufenthalten auf Intensiv analysiert. 20 Messgrößen haben für sie jetzt einen besonderen Stellenwert.
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Auf Intensiv. Frühe Hinweise auf ein mögliches Kreislaufversagen könnten die Arbeit erleichtern.
© K-H Krauskopf, Wuppertal
Zürich. Forscher in der Schweiz haben eine Methode entwickelt, mit der Kreislaufversagen von Patienten auf der Intensivstation mehrere Stunden vor dem Eintreten mit hoher Zuverlässigkeit vorhergesagt werden kann.
Dem Ansatz liegt die Auswertung umfangreicher Patientendaten mit Methoden des maschinellen Lernens zugrunde, wie die ETH Zürich mitteilt (Nature Medicine 2020, online 9. März; doi: 10.1038/s41591-020-0789-4).
Für die Arbeit standen den Forschern der ETH Zürich und des Inselspitals, Universitätsspital Bern, pro Patient mehrere Hundert unterschiedliche Messgrößen und medizinische Informationen zur Verfügung.
Insgesamt wurden Daten von 36.000 Aufenthalten auf der Intensivstation mit Methoden des maschinellen Lernens analysiert. Die Daten wurden an der Universitätsklinik für Intensivmedizin des Inselspitals erhoben.
90 Prozent aller Zwischenfälle vorhergesagt
„Wir konnten zeigen, dass bereits 20 Messgrößen für eine genaue Vorhersage ausreichen. Dazu gehören unter anderem Blutdruck, Puls, verschiedene Blutwerte, das Alter sowie die verabreichten Medikamente“, wird Karsten Borgwardt, Professor für Data Mining an der ETH Zürich, in der Mitteilung der ETH zitiert.
„Die so entwickelten Algorithmen und Modelle konnten im genutzten Datensatz 90 Prozent aller Kreislaufversagen vorhersagen. In 82 Prozent aller Fälle erfolgte die Vorhersage mindestens zwei Stunden im Voraus, womit den Ärzten Zeit für eine Intervention geblieben wäre“, so Gunnar Rätsch, Professor für Biomedizininformatik an der ETH Zürich, in der Mitteilung.
Zahl der Alarme auf Intensiv soll reduziert werden
Ziel sei es, in Zukunft mit der Methode die Vitalwerte im Spital in Echtzeit auszuwerten und das behandelnde Personal vorzuwarnen, resümiert die ETH Zürich in ihrer Mitteilung. Dieses könne somit früh geeignete Maßnahmen einleiten. Auch soll die Vielzahl an Alarmen auf Intensivstationen auf wenige, dafür hochrelevante und frühzeitige Alarme reduziert werden.
Dies sei möglich, wie auch die Studie ergeben habe, so die ETH Zürich. Mit der neuen Methode liesse sich die Anzahl der Alarme auf einen Zehntel reduzieren.
Um die Qualität der Vorhersagen weiter zu verbessern, planen die Forscher, Patientendaten weiterer grosser Spitäler in künftige Analysen einzubeziehen. Und: Damit die Methode als Frühwarnsystem eingesetzt werden kann, ist weitere Entwicklungsarbeit nötig.
Ein erster Prototyp existiert nach Angaben von Rätsch bereits. Dessen Verlässlichkeit muss nun in klinischen Studien nachgewiesen werden. (eb)