Leitartikel
MS-Therapie im Umbruch
Neue Ansätze zur Immuntoleranz sorgen für Aufsehen: Möglicherweise lässt sich auf bisher ignorierten Pfaden in der MS-Behandlung mehr erreichen, als man zu träumen wagte.
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Neue monoklonale Antikörper führen bei MS zu Schubreduktionen um 80 bis 90 Prozent.
© Schreiter / Springer V
Wenn das Immunsystem außer Kontrolle gerät und den eigenen Körper attackiert, gibt es im Wesentlichen zwei Strategien: Zerstören, was den Körper zerstört, und den autoaggressiven Immunzellen den Garaus machen oder sie zumindest außer Gefecht setzen - mit all den Kollateralschäden, die ein solch massiver Gegenangriff mit sich bringt.
Die andere, wesentlich sanftere Methode beruht darauf, die fehlgeleiteten Lymphozyten auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, sodass sie das eigene Gewebe wieder tolerieren.
Doch im Augenblick setzt die Forschung fast alles auf eine Karte: den Kampf gegen die aggressiven Immunzellen.
Offenbar scheint es weitaus leichter zu sein, amoklaufende Immunzellen zu eliminieren als sie umzuprogrammieren.
Unter den mehr als einem Dutzend neuer MS-Wirkstoffe, die sich in Phase-II und -III-Studien befinden, sind viele monoklonale Antikörper, die bestimmte Subpopulationen von B- und T-Zellen angreifen, sowie Wirkstoffe, welche die Genese, Proliferation und Wanderung der unerwünschten Immunzellen behindern.
Sie alle führen zu einem mehr oder weniger schweren Eingriff in das Immunsystem, und das durchaus mit Erfolg: Die neuen Therapien sind in der Regel weit wirksamer als die fast 20 Jahre alten bisherigen Immunmodulatoren. Schubreduktionen um 80 bis 90 Prozent sind gerade bei den Antikörpern gut möglich...