Kommentar
Marketing im besten Sinne
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Wilfried Jacobs bringt die anderen Kassen in Zugzwang. Die AOK beteiligt sich an der Therapieoptimierungs-Studie ADAPT. Ihr Ziel ist es, mit Hilfe des genetischen Fingerabdrucks Brustkrebs-Patientinnen zu identifizieren, die keine Chemotherapie benötigen.
Für ihre Versicherten übernimmt die AOK Rheinland/Hamburg über einen Modellversuch die Kosten des Testverfahrens von rund 3000 Euro. Jacobs geht davon aus, dass die anderen Kassen dem Beispiel folgen werden.
Das ist den betroffenen Frauen zu wünschen. Bei ADAPT können Patientinnen, bei denen die Voraussetzungen stimmen, nach umfangreicher Aufklärung entscheiden, ob sie auf die Chemotherapie verzichten und sich nur auf die Antihormonbehandlung verlassen wollen.
Einer Patientin diese Option zu verweigern, weil sie in der "falschen" Kasse ist, ist zynisch und wird den ein oder anderen Kassenmitarbeiter unter Rechtfertigungsdruck bringen.
Es bleibt abzuwarten, ob Jacobs mit seinem Optimismus Recht hat, dass sich die anderen Kassen diesem Druck nicht lange aussetzen werden.
In einem anderen Fall sind die Konkurrenten dem Beispiel der AOK Rheinland/Hamburg nicht gefolgt - obwohl es belastend für die Betroffenen und schädlich fürs Image war: bei der Kostenübernahme für die Entfernung minderwertiger Brustimplantate, die bei einer Schönheitsoperation eingesetzt wurden.
Obwohl die finanzielle Belastung der Kassen bei den Implantaten sehr überschaubar war, haben sich die meisten auf die Buchstaben des Gesetzes zurückgezogen und gesagt: Wir zahlen nicht.
Manche Kassenvertreter werfen Jacobs vor, sich und seine AOK einfach nur gut zu verkaufen. Doch von einem solchen Marketing, das den Versicherten nützt, könnten sich andere Kassen ruhig eine Scheibe abschneiden.
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