Neue Erkenntnis

Masern-Impfung schützt indirekt auch vor anderen Krankheiten

Mit der Einführung der Masern-Impfung verminderte sich die Kindersterblichkeit - und das deutlicher als erwartet. Forscher haben nun eine Erklärung dafür.

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PRINCETON. Die Masern-Impfung schützt wahrscheinlich indirekt auch jahrelang vor anderen Erkrankungen. Darauf weise der Vergleich von Daten zur Kindersterblichkeit vor und nach Einführung der Impfung hin, berichten Forscher im Fachmagazin "Science" (2015; 348 (6235): 694-699).

Das Masern-Virus schwächt das Immunsystem demnach auch noch zwei bis drei Jahre nach einer durchgemachten Erkrankung - und macht die Betroffenen so lange Zeit anfällig für opportunistische Infektionen.

Die Einführung der Masern-Impfung vor rund 50 Jahren hatte zu einer Abnahme der Kindersterblichkeit geführt.

Besonders in Schwellen- und in Entwicklungsländern sank die Sterberate nach dem Beginn von Massenimpfungen um 30 bis 90 Prozent. Der Effekt war damit größer als zuvor erwartet. Mit der Prävention von Masern-Infektionen allein ließ sich dies nicht erklären.

Abwehrschwäche nach Masern

Studien haben schließlich gezeigt, dass das Masern-Virus das Immunsystem langfristig schwächt, erklären die Forscher um Dr. Michael Mina von der US-Universität Princeton.

Eine mögliche Ursache ist demnach, dass Lymphozyten nach der Masern-Infektion zwar auf die Bekämpfung des Masern-Virus eingestellt sind, bei der Abwehr anderer Keime aber fehlen.

Durch die Masern komme es zu einer Art Immun-Amnesie, in der Folge seien Betroffene anfälliger für andere Erkrankungen, heißt es in der Studie. Mina und seine Kollegen prüften nun, ob und wie lange sich dieser Effekt in der Bevölkerung nachweisen lässt. Dafür analysierten sie Gesundheitsdaten aus England, Wales, Dänemark und den USA vor und nach der Einführung der Masern-Impfung.

Die Auswertung ergab, dass die Sterblichkeit durch andere Infektionen eng an das Vorkommen von Masern gekoppelt war - und zwar über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren nach einer Masern-Erkrankung.

Die Masern-Impfung führe also nicht nur zu einer Herdenimmunität gegenüber dem Masern-Virus, sondern auch gegenüber anderen Keimen, schlussfolgern die Forscher.

Nach den Daten haben die Masern-Viren in der Ära vor den Massenimpfungen bis zu 50 Prozent der Todesfälle durch Infektionen bei Kindern verursacht.

Masern-Viren sind weltweit verbreitet und durch Tröpfchen-Infektion extrem ansteckend. Nach einer Inkubationszeit von etwa zehn Tagen beginnt die Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen oder auch einer Konjunktivitis.

Dann erscheinen die typischen rot-braunen Hautflecken. In der Regel klingen die Symptome nach einer bis anderthalb Wochen ab. Besonders opportunistische Infektionen führen zu Komplikationen wie Pneumonie, Otitis media, Diarrhoe oder auch Meningitis.

Gefürchtet ist die sehr seltene aber stets tödliche subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) als Spätkomplikation, die sich durchschnittlich sechs bis acht Jahre nach Infektion manifestiert.

Kaum Eradikationserfolge

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich zum Ziel gesetzt, die Masern bis spätestens zum Jahr 2020 weltweit zu eliminieren. Dafür ist in der Bevölkerung eine Immunität von mindestens 95 Prozent der Menschen in allen Altersgruppen nötig.

Dabei gibt es in Deutschland seit Jahren kaum Fortschritte, räumt sogar das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin ein. Immer wieder kommt es regional zu größeren Ausbrüchen.

In Berlin wurden seit Oktober 2014 etwa 1200 Masern-Fälle erfasst. Die Zahl der Neuerkrankungen pro Woche ist zwar inzwischen gesunken, von einem Ende des Ausbruchs könne man aber noch nicht sprechen, hieß es letzte Woche vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSO).

Von den Erkrankten musste etwa jeder Vierte stationär behandelt werden. Ein Junge starb im Februar an den Folgen von Masern. (dpa / eis)

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