Knochendichte

Mehr Kalzium bringt fast nichts

Eine erhöhte Kalziumaufnahme erhöht die Knochendichte und senkt das Risiko für Frakturen? Von wegen, melden Forscher aus Neuseeland jetzt. Damit widersprechen sie herkömmlichen Empfehlungen.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:

AUCKLAND. Nationale und internationale Gremien empfehlen älteren Menschen - also Männern ab 50 oder 60 Jahren und Frauen nach der Menopause -, sich täglich 1000-1200 mg Kalzium zur Osteoporoseprophylaxe zuzuführen.

Um über diese Schwelle zu kommen, greifen viele Menschen auf Präparate zur Nahrungsergänzung zurück, die der Handel in großer Auswahl vorhält. In Deutschland erreicht die Kalziumaufnahme von Männern und Frauen laut Daten der Nationalen Verzehrstudie II im Median 1052 mg beziehungsweise 964 mg pro Tag.

Keine Effekte auf Knochengesundheit

Nimmt man die Ergebnisse zweier Übersichtsarbeiten, die Mark Bolland von der Universität Auckland in Neuseeland mitverantwortet hat, zum Maßstab, haben weder die Supplementation noch die gesteigerte Zufuhr von Kalzium über die Nahrung einen wesentlichen Effekt auf die Knochengesundheit.

In 59 randomisierten und kontrollierten Studien mit Probanden jenseits der 50 zum Einfluss der Kalziumaufnahme auf die Knochendichte waren Zuwächse der Knochendichte um 0,6-1,8 Prozent gemessen worden. Dass diese Größenordnung klinisch bedeutsam sein könnte, bezweifeln Bolland und seine Mitarbeiter. Übrigens war die Wirkung nicht besser, wenn die Kalziumgabe um Vitamin D ergänzt wurde (BMJ 2015; 351: h4183).

Die zweite der beiden Arbeiten unter Bollands Führung bestätigt dies. Hier befassten sich die Forscher mit dem Zusammenhang zwischen Kalziumzufuhr und Frakturrisiko. Dazu verschafften sie sich einen Überblick über zwei randomisierte und kontrollierte sowie 44 Kohortenstudien zu Kalzium aus natürlichen Quellen.

Hinzu kamen 26 randomisierte und kontrollierte Untersuchungen zu Supplementen. Die Auswirkungen auf das Frakturrisiko waren praktisch gleich null, und wiederum spielte es keine Rolle, ob das Kalzium um Vitamin D ergänzt war oder nicht.

Nur eine Ausnahme

Eine Ausnahme bildete eine französische Studie (N Engl J Med 1992; 327: 1637). Eine Gruppe von 3270 Frauen hatte hier 18 Monate lang 1200 mg Kalzium plus 800 IU Vitamin D3 erhalten. Im Vergleich zur Placebogruppe sank das Risiko von Hüftfrakturen um 43 Prozent und die Gesamtzahl nicht vertebraler Frakturen um 32 Prozent.

Bei den Frauen handelte es sich allesamt um Bewohnerinnen von Pflege- oder Seniorenheimen mit einer ursprünglichen Kalziumzufuhr von wenig mehr als 500 mg. Im Mittel waren die Frauen 84 Jahre alt.

Bollands und seiner Kollegen Fazit lautet: "Den meisten Menschen, die um ihre Knochendichte besorgt sind, nützt es nichts, die Kalziumzufuhr zu erhöhen." Wo die Zufuhr aber deutlich unter den Empfehlungen blieb, etwa bei den Pflegeheimbewohnerinnen, reduzierte die gesteigerte Kalziumzufuhr das Frakturrisiko. Das räumen auch die Forscher ein.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Keine voreiligen Schlüsse!

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