Dermatologie
Melanom-Nachsorge ist oft nicht leitliniengerecht
Die Nachsorge bei Melanom-Patienten ist deutlich intensiver als empfohlen. Trotzdem werden viele Rezidive übersehen, berichten Ärzte aus Essen. Sie raten dazu, Patienten verstärkt zur Selbstuntersuchung zu schulen.
Veröffentlicht:ESSEN. Rezidive eines malignen Melanoms entwickeln sich in der Regel binnen drei Jahre nach der Diagnose.
Wichtig ist daher eine nach dem Tumorstadium abgestimmte Nachsorge: In den Leitlinien werden im Frühstadium (Stadium I, Tumordicke nicht über 1 mm) halbjährliche Nachsorge-Untersuchungen empfohlen.
Bei über 1 mm sind vierteljährliche Untersuchungen indiziert. Zudem gibt es auch für Ultraschalluntersuchungen der Lymphknoten sowie Bestimmungen des Tumormarkers S100 konkrete Richtwerte.
Nach einer bundesweiten Studie erfolgt die Nachsorge aber nur in 60 Prozent der Fälle leitliniengemäß, wie ein Team um Dr. Elisabeth Livingstone von der Universität Duisburg-Essen berichtet (Eur J Cancer 2015; online 28. Januar).
Viele Patienten werden in kürzeren Abständen einbestellt und erhalten nicht-indizierte Ultraschalluntersuchungen oder andere bildgebende Maßnahmen, so die Forscher.
Sie hatten Daten von 668 Patienten aus 67 Zentren analysiert, bei denen von April bis Juni 2008 ein Melanom diagnostiziert worden war, und zwar bei knapp 60 Prozent im Frühstadium (Stadium I).
Nur die Hälfte der Rezidive entdeckt
Binnen im Mittel vier Jahren war es bei etwa jedem neunten Patienten zu einer Tumorprogression gekommen. Aber nur 7,7 Prozent der Patienten mit Tumor-Stadien I-III bei Diagnose hatten im Studienzeitraum eine erste oder zusätzliche Metastase entwickelt.
Und: Nur gut die Hälfte der lokoregionären Rezidive waren bei Nachuntersuchungen entdeckt worden.
Diesen geringen Rezidiv- und Detektionsraten stehen hohe Kosten gegenüber: 228.155 Euro errechneten Livingstone und Kollegen für Nachsorgemaßnahmen bei 550 Patienten in den Stadien I-IIC oder mit einem Melanom in situ, bei denen sich im Studienzeitraum kein Rezidiv entwickelt hatte.
"Der Nutzen engmaschiger Nachsorgeuntersuchungen in der Niedrig-Risiko-Gruppe ist zweifelhaft", schreiben Livingstone und ihr Team, insbesondere wenn man davon ausgehe, dass die meisten Rezidive sich auf den Entstehungsort beschränkten.
Sie müssten eigentlich den Patienten, die durch die Primärerkrankung ja vorgewarnt seien, auffallen.
In der Studie war jedoch genau dies überraschenderweise nicht der Fall: Hier war nur ein Drittel der Rezidive vom Patienten selbst entdeckt worden, und das, obwohl fast 70 Prozent entweder tast- oder sichtbar waren.
Die Forscher setzen sich daher für eine verbesserte Patientenschulung ein. An Kursen zur Selbstuntersuchung hatten nur knapp 13 Prozent teilgenommen. Daran müsse man dringend etwas ändern, fordern Livingstone und ihr Team.
Zudem müsse die psychosoziale Betreuung der Patienten intensiviert werden: Immerhin zwölf Prozent hatten in der Studie angegeben, an Ängsten zu leiden, ebenfalls fast zwölf Prozent waren durch Depressionen belastet.
Die behandelnden Zentren hatten solche Störungen aber nur bei 1,7 (Ängste) und 0,2 Prozent (Depressionen) ihrer Patienten registriert.