Studie aus Südkorea
Nach einem Hörsturz ist das Schlaganfallrisiko erhöht
Nach einem Hörsturz haben Patienten ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. In einer südkoreanischen Studie war dies kontinuierlich über einen elfjährigen Nachbeobachtungszeitraum festzustellen.
Veröffentlicht:DAEJEON/SÜDKOREA. Ein plötzlicher sensorineuraler Hörverlust, definiert als ein Verlust von wenigstens 30 dB in mindestens drei aufeinanderfolgenden Frequenzen im Verlauf von maximal drei Tagen, kann von selbst wieder verschwinden. Die Spontanerholungsraten werden auf 32 bis 65 Prozent beziffert.
Wodurch genau ein plötzlicher sensorineuraler Hörverlust ausgelöst wird, ist indes nicht klar. Vier Erklärungsmodelle hat die Neuroototologie im Angebot: Infektionen, Membranrisse im Innenohr, Autoimmunerkrankungen und vaskuläre Störungen. Keine dieser Hypothesen lässt sich jedoch schlüssig belegen.
Vaskuläre Ursachen vermutet
Es gibt allerdings eine gewisse Vorliebe dafür, den plötzlichen sensorineuralen Hörverlust auf vaskuläre Ursachen zurückzuführen. Dazu trägt einerseits die phänomenologische Ähnlichkeit mit Ereignissen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall bei – das abrupte Einsetzen lässt an einen kleinen Kochleainfarkt denken. Andererseits ist der plötzliche sensorineurale Hörverlust mit kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert, was für eine atherosklerotisch bedingte Pathogenese spricht und ebenfalls an einen Gefäßverschluss als Ursache gemahnt. Damit könnte ein plötzlicher sensorineuraler Hörverlust auch Indikator für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko sein. Entsprechende Daten aus früheren Studien liegen vor.
Ein Ärzteteam um den HNO-Spezialisten Jong-Yeup Kim von der Universität Konyang in Daejeon, Südkorea, hat den Verlauf nach einem plötzlichen sensorineuralen Hörverlust nun vertieft untersucht (JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2017, online 21. Dezember). Die Mediziner stellten jedem von 154 Patienten mit Hörverlust je vier Vergleichspersonen ohne Hörverlust gegenüber. Analysiert wurde das Auftreten von kardiozerebrovaskulären Erkrankungen in beiden Gruppen im Lauf einer elfjährigen Follow-up-Periode. Dabei wurde darauf geachtet, systematische Verzerrungen durch Alter, Geschlecht, Wohnort, Einkommen und Begleiterkrankungen zu vermeiden.
Rate der Hirninfarkte verdoppelt
18 Patienten in der Gruppe mit Hörverlust und 48 in der Vergleichsgruppe erlitten in der Nachbeobachtungszeit einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Das entsprach einer Inzidenz von 13,5 Fällen je 1000 Personenjahre für die Hörverlust-Patienten und 7,5 Fällen je 1000 Personenjahre für die Vergleichspersonen.
Als statistisch signifikant erwies sich die Risikoerhöhung nach plötzlichem sensorineuralen Hörverlust aber nur für die Kategorie Schlaganfälle. Zerebrale Insulte ereigneten sich demnach in der Hörverlust-Gruppe doppelt so oft wie in der Vergleichsgruppe. Herzinfarkte hingegen waren nach Hörverlust nicht häufiger zu verzeichnen. Im Mittel war das Risiko zwar um 18 Prozent erhöht, es hätte aber ebenso gut 75 Prozent niedriger wie um mehr als das Fünffache erhöht sein können.
Kim und Kollegen halten dafür, Patienten nach plötzlichem sensorineuralen Hörverlust auf Zeichen von kardiozerebrovaskulären Erkrankungen und speziell auf Störungen der Hirndurchblutung hin zu überwachen. Die Studie weist jedoch einige Schwächen auf. So gab es keine Daten zu relevanten Faktoren wie Body Mass Index, Lipidprofil, Rauchverhalten und Alkoholkonsum. Die von Krankenversicherungen bezogenen Angaben zu den Diagnosen waren möglicherweise nicht so akkurat wie jene in einer medizinischen Patientenakte. Auch fehlte jedwede Angabe zur Mortalität, weshalb sich nicht sagen ließ, ob sich das erhöhte vaskuläre Risiko in einer vermehrten Sterblichkeit niederschlug.