Onkologie
Neue Methode prüft Wirksamkeit von Krebs-Impfungen
Ist eine Immuntherapie tatsächlich imstande, T-Zellen auf den Tumor zu lenken? Das lässt sich jetzt vorab mit einer Methode feststellen, die Forscher aus Heidelberg entwickelt haben.
Veröffentlicht:HEIDELBERG. Krebs-Impfungen können nur wirken, wenn die Tumorzellen das krebstypisch veränderte Protein passend zurechtgeschnitten dem Immunsystem präsentieren.
Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg hätten nun einen Test beschrieben, mit dem sie diese Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit einer Tumorimpfung vorab überprüfen können, teilt das Deutsche Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft mit.
Als erfolgsversprechend gelten Impfungen gegen Neo-Antigene, Proteine, die sich aufgrund einer Mutation der Tumorzellen von ihren Gegenstücken in gesunden Zellen unterscheiden, wird in der Mitteilung erläutert.
Immunsystem muss Zellen als fremd erkennen
Der Unterschied - manchmal nur ein Proteinbaustein - verleihe dem Protein auf der Tumorzelle neuartige immunologische Eigenschaften, die von den T-Zellen des Abwehrsystems als "fremd" erkannt werden können.
Eine Impfung mit einem solchen Protein oder Peptid, das genau die mutierte Stelle umfasst, kann Immunzellen auf den Tumor lenken.
"Die grundlegende Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Impfung ist aber, dass das Impfpeptid den Immunzellen auf der Oberfläche des Tumors präsentiert wird, und zwar genau passend zurechtgeschnitten. Ob das der Fall ist, kann unser neuer Test nachweisen", wird Professor Michael Platten in der Mitteilung zitiert.
Das Impfpeptid muss exakt zu den MHC-Molekülen auf der Oberfläche der Tumorzellen passen, was nur bei entsprechender molekularer Ausstattung der Zelle gelingt. Immunzellen reagieren ausschließlich dann, wenn ihr Antigen auf den passenden MHC-Molekülen angeboten wird.
Auch wenn krebsspezifische Neo-Antigene in Tumorzellen vorhanden sind, heißt das noch nicht, dass sie tatsächlich auch von den MHC-Molekülen präsentiert werden. Die Forscher suchten daher nach einem Test, um schon an Biopsien zu prüfen, ob die MHC-Moleküle das Neo-Antigen auf der Tumorzelloberfläche präsentieren.
Nun beschreiben sie mit dem PLA-Test (PLA = Proximity Ligation Assay) eine Lösung des Problems: Das Prinzip beruht auf zwei Antikörpern, von denen einer das Neo-Antigen, der andere das MHC-Molekül erkennt.
Nur wenn die Zielstrukturen beider Antikörper in allernächster Nähe liegen, kommt es durch molekularbiologische Reaktion zu einem Leuchtsignal (JCI 2015, 125 (2): 593-606).
Am Beispiel eines Tumor-Neoantigens demonstrierten die Forscher die Leistungsfähigkeit des Tests: Mehr als 70 Prozent der niedriggradigen Gliome tragen einen identischen Fehler im Erbgut. Er führt dazu, dass im Enzym Isocitrat-Dehydrogenase-1 (IDH1) ein Baustein an Position 132 ausgetauscht wird.
Weltweite Erprobung von Immuntherapien
Mit dem PLA-Test wiesen die Forscher an Gewebeproben von Gliomen nach, dass das IDH1-mutierte Peptid auf der Oberfläche der Krebszellen zusammen mit dem MHC-Molekül vorliegt. Der Test funktionierte auch für das Tumorantigen NY-ESO-1.
Es ist kein mutationsinduziertes Neo-Antigen, sondern ein Protein, das normalerweise nur bei bestimmten Entwicklungsschritten eine Rolle spielt und von vielen Krebszellen "außer der Reihe" produziert wird. NY-ESO-1 kommt bei vielen Krebsarten vor.
Mit dem PLA-Test wiesen die Forscher es auf Melanomzellen in Verbindung mit den MHC-Molekülen nach.
In klinischen Studien werden weltweit Immuntherapien erprobt, etwa gegen Melanome, Nierenzell- oder Lungenkrebs. Der Test könnte helfen, vorab jene Patienten zu identifizieren, die von einer Impfung profitieren.
Voraussetzung ist allerdings, dass es einen spezifischen Antikörper gegen das Tumorantigen gibt.
Nachdem die Forscher nachgewiesen haben, dass das mutierte IDH1-Peptid Immunantworten gegen Hirntumoren auslöst, wollen sie in Kürze eine Phase-I-Studie starten, um die Sicherheit des Peptid-Impfstoffs gegen IDH1-mutierte Gliome zu überprüfen. (eb)