Senioren
Nicht mal jeden Zweiten schützt die Grippe-Impfung
Mit dem Alter schwinden die Abwehrkräfte, daher sind Senioren besonders anfällig für Infektionen. Zudem kommen bei ihnen schwere Verläufe der Erkrankungen häufiger vor. Impfungen senken das Risiko - doch oftmals gibt es große Impflücken.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Die Zahl der Impfungen in der Geriatrie ist überschaubar: Außer dem Basisschutz gegen Tetanus und Diphtherie empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) jedem Erwachsenen eine Impfung gegen Pertussis.
Allen über 60-Jährigen wird darüber hinaus zum Schutz vor Pneumokokken-Infektionen und zur jährlichen Impfung gegen Influenza geraten.
Außerdem ist bei über 50-Jährigen die noch relativ neue Impfung gegen Herpes Zoster zu erwägen. Diese bietet vor allem auch Schutz vor Post-Zoster-Neuralgien, ist aber von der STIKO bisher noch nicht in den Impfkalender aufgenommen worden.
Allgemein sind die Impfraten bei alten Menschen in Deutschland viel zu niedrig. Die wenigen Tetanus-Erkrankungen treten daher in der Regel bei Senioren auf, die sich zum Beispiel bei der Gartenarbeit verletzt haben. Es bleibt deshalb wichtig, hier auf die regelmäßige Auffrischung alle zehn Jahre mit der Td-Vakzine zu achten.
Fehlt einem Menschen der Schutz gegen Keuchhusten, sollte bei einem solchen Booster eine Tdap-Vakzine mit Pertussis-Komponente verwendet werden. Keuchhusten ist bei Erwachsenen viel häufiger als vermutet und kann monatelange quälende Symptome zur Folge haben.
Besonders wichtig ist der Pertussis-Schutz zudem für Senioren, die Säuglinge oder Kleinkinder betreuen. Erwachsene ohne Impfschutz sind eine häufige Ansteckungsquelle für kleine Kinder. Und Keuchhusten kann bei Säuglingen schwer bis lebensbedrohlich verlaufen.
Für die Pneumokokken-Impfung gibt es eine konventionelle Polysaccharid-Vakzine und einen modernen Konjugatimpfstoff. Die STIKO empfiehlt allen Personen im Alter ab 60 Jahren weiterhin die einmalige Impfung mit einem Polysaccharid-Impfstoff.
Grippe-Impfstoffe nur mittelmäßig effektiv
Anders in der Reisemedizin: Professor Tomas Jelinek aus Berlin spricht sich für den Schutz mit der Konjugatvakzine aus. Gegen Grippe gibt es ein großes Angebot verschiedenartiger Impfstoffe, wobei die GKV in Deutschland in der Regel nur die Impfung mit den trivalenten Totimpfstoffen bezahlt.
Leider sind die Grippe-Impfstoffe insgesamt nur mittelmäßig effektiv. Die Wirksamkeit hängt davon ab, ob die zirkulierenden Erregertypen gut von der aktuellen Vakzine abgedeckt werden.
So sind nach Studiendaten 50 bis 80 Prozent der Geimpften vor Influenza geschützt. Bei alten Menschen beträgt die Wirksamkeit aber eher 30 bis 50 Prozent. Das muss den Patienten erklärt werden und dass eine Impfung gegen eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit trotzdem wichtig ist.
"Bei aller Kritik an der Impfung, sie ist der beste Schutz den wir haben", sagt der STIKO-Vorsitzende Dr. Jan Leidel dazu. Mehrere Grippe-Impfstoffe werden inzwischen auch tetravalent angeboten, das heißt, sie schützen außer vor zwei zirkulieren Influenza-A-Stämmen auch gegen zwei Stämme von Influenza B.
Der Reisemediziner Professor Tomas Jelinek aus Berlin rät bei Senioren die besonders immunogenen Influenza-Impfstoffe (intradermal, adjuventiert oder virosomal) zu verwenden.
Diese werden aber in der Regel nicht von der GKV bezahlt. Besonders vor einer Kreuzfahrt, bei der viele Menschen auf kleinem Raum zusammenleben, besteht in der Reisemedizin eine erhöhte Infektionsgefahr für Influenza. Älteren Urlaubern wird daher auch außerhalb Saison zum Grippeschutz geraten.
Empfehlungen werden wenig beherzigt
Während der Grippe-Saison sind Influenza-Ausbrüche vor allem auch in Alten- und Pflegeheimen häufig. Von 2008 bis 2013 wurden beim RKI allein 289 solcher Erkrankungshäufungen registriert. Hier empfiehlt die STIKO nicht nur die Impfung von Bewohnern, sondern auch von Pflegepersonal, um die Verbreitung der Viren zu verhindern.
Leider wird die Empfehlung zum Schutz der anfälligen alten Menschen nur von den wenigsten beherzigt. In einer Untersuchung der Saison 2010/11 war nur etwa ein Viertel des medizinischen Personals gegen Grippe geimpft.
Die niedrigen Impfquoten in den Heimen tragen nach Ansicht von Ärzten deutlich zu den Ausbrüchen bei. Das RKI spricht sich daher besonders auch zu einer Erhöhung der Influenzaimpfquoten bei Pflegepersonal und Bewohnern aus. Die Impfquoten sollten zudem dokumentiert werden.
Im Falle eines Ausbruchs in einem Heim rät das RKI darüber hinaus - unabhängig vom Impfstatus - zu einer zusätzlichen Prophylaxe. Alle infektionshygienischen Maßnahmen, Verhaltensregeln und auch die Gabe antiviraler Arzneimittel sollten erwogen werden, um möglichst viele Erkrankungen zu vermeiden, so das Institut.