Häufiger Lymphknotenmetastasen
Prostata-Ca: Diabetiker haben eine relativ schlechte Prognose
Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ist die Prostatakrebs-Mortalität höher als bei Patienten mit Prostata-Ca ohne Diabetes. Die Ursachensuche bringt potenzielle Behandlungsmöglichkeiten zum Vorschein.
Veröffentlicht:STUTTGART. Personen mit Diabetes erkranken häufiger an Krebs als vergleichbare Personen ohne Diabetes in der Allgemeinbevölkerung, nicht aber an einem Prostatakarzinom, berichtete Professor Matthias Schulze, Epidemiologe am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Eine Metaanalyse von 45 Studien habe sogar ein um 13 Prozent reduziertes Risiko für Diabetes-Patienten ergeben, an diesem Karzinom zu erkranken, so Schulze bei der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie in Stuttgart.
Auch sei die Prävalenz von Diabetes bei Patienten mit Prostatakarzinom nicht erhöht, bei den über 60-jährigen möglicherweise sogar erniedrigt, so Privatdozent Dr. Martin Heni vom Uniklinikum Tübingen. Heni stützt seine Aussage auf Daten einer eigenen, bislang noch nicht publizierten Untersuchung von Patienten, die sich in Tübingen zwischen 2004 und 2007 einer radikalen Prostatektomie unterzogen hatten.
Seltener, aber aggressiver
Der Unterschied liegt in der Prognose. Von 105 Patienten ohne Typ-2-Diabetes hatten bei radikaler Prostatektomie in Tübingen nur 1 Prozent Lymphknotenmetastasen, bei 13 Patienten mit Typ-2-Diabetes waren es 10 Prozent (p = 0,005). Zudem war der Anteil mit dem höchsten Risikoscore nach der Leitlinie des National Comprehensive Cancer Network (NCCN), der Tumorgrade, Gleason-Score und PSA-Werte einbezieht, bei Patienten mit Diabetes deutlich größer.
In der Tübinger Kohorte fand sich kein Indiz dafür, dass die Hyperglykämie, der Insulinspiegel, die Insulinresistenz, eine Dyslipidämie oder veränderte Sexualhormonspiegel signifikante Einflussfaktoren auf den Risikoscore oder die Aggressivität des Tumors sind.
Im Tumor selbst fanden sich aber sehr wohl Unterschiede: So scheint die insulinabhängige Signaltransduktion im Prostatakarzinom verändert. Es wird auch die Insulinrezeptorisoform A exprimiert, die normalerweise vor allem embryonal vorkommt und auch mitogene Effekte hat. Außerdem wird nach den Tübinger Untersuchungen der Androgenrezeptor in Prostatakarzinomen von Patienten mit Diabetes signifikant stärker exprimiert als bei Nichtdiabetikern, und diese Überexpression korreliert auch mit einer erhöhten Expression des Proliferationsmarkers KI67.
Prostata-Ca bei Diabetes ist anders
Wie Heni erläuterte, sind zudem Enzyme der Steroidbiosynthese im Tumor verändert, so dass schützende Modulatoren des Estrogenrezeptors weniger anfallen und verstärkt abgebaut werden. Diese Veränderungen können alle zur schlechteren Prognose des Prostatakarzinoms bei Patienten mit Diabetes beitragen. Insulinrezeptor und Androgenrezeptor sind Ansatzpunkte existierender medikamentöser Therapien und könnten daher eine individuelle Therapie gerade für Diabetes-Patienten mit Prostatakarzinom ermöglichen, hofft Heni.