Prostatakrebs
Schadet PSA-Screening mehr als es nutzt?
Männern sollten PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs nicht routinemäßig angeboten werden, fordern kanadische Forscher - das gelte ganz besonders für zwei Altersklassen.
Veröffentlicht:EDMONTON. Nach 20 Jahren haben jetzt Präventionsmedizinexperten der unabhängigen Institution "Canadian Task Force on Preventive Health Care" ihre aktualisierten Empfehlungen der Öffentlichkeit präsentiert (CMAJ 2014, online 27. Oktober). Nach Auswertung bisheriger Studien gibt es den Experten zufolge keine Belege dafür, dass das PSA-Screening die Gesamtmortalität unabhängig vom Alter senkt.
Außerdem gebe es nur widersprüchliche Daten dazu, ob es bei Männern zwischen 55 und 69 Jahren die krebsspezifische Mortalität leicht senke. Schließlich fehlten überzeugende Belege dafür, dass das Screening die krebsspezifische Mortalität bei jüngeren oder älteren Männern reduziere. Andererseits existierten konsistent Belege dafür, dass es den Männern Schaden zufüge, etwa durch eine Überdiagnose.
"PSA-Test sollte keine Routine sein"
Deshalb sprechen sich die Präventionsmediziner bei Männern aller Altersgruppen gegen ein PSA-Screening aus. Diese Empfehlung fällt in die Kategorie "stark" bei Männern unter 55. Das bedeutet nach der GRADE-Klassifikation (Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation), dass Männer in diesem Alter den größten Nutzen aus dieser Empfehlung ziehen.
Das Gleiche gilt für Männer über 70. Diesen beiden Gruppen sollte deshalb ein PSA-Test nicht routinemäßig angeboten werden.
Die Empfehlung, Männer zwischen 55 und 69 Jahren nicht per PSA-Test auf Prostatakarzinome zu screenen, fällt dagegen in die GRADE-Kategorie "schwach". Das bedeutet, dass letztlich die Entscheidung für die Teilnahme an einem Screening erst nach intensiver Aufklärung individuell von den Männern gefällt werden muss.
Die Männer, für die selbst eine kleine Reduktion der Gesamtmortalität von großer Bedeutung ist und die mögliche Risiken des Screenings deshalb in Kauf nehmen würden, sollten an einem PSA-Screening teilnehmen können.
Im Wesentlichen stützen sich die Autoren um den Arzt für Familienmedizin Professor Neil Bell von der Universität in Edmonton auf die Ergebnisse zweier großer Studien zum PSA-Screening, nämlich der US-Studie PLCO (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial) und der europäischen Studie ERSPC (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer), deren Evidenzgrad in der GRADE-Klassifikation als "moderat" eingestuft wurde.
In keiner der beiden Studien konnte ein Effekt des PSA-Screenings auf die Gesamtmortalität nachgewiesen werden.
Zurückhaltung auch in Deutschland
Auch in Deutschland setzt man mehr auf Früherkennung als auf ein generelles Screening. In der vor Kurzem aktualisierten S3-Leitlinie "zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms" im Leitlinienprogramm Onkologie heißt es, dass Männer, die mindestens 45 Jahre alt sind und eine mutmaßliche Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren haben, als Standard prinzipiell über die Möglichkeit einer Früherkennung informiert werden sollen.
Bisher galt das für Männer bereits ab einem Alter von 40 Jahren. In den Empfehlungen heißt es aber auch, dass bei Männern mit einem erhöhten Risiko für ein Prostatakarzinom diese Altersgrenze um fünf Jahre vorverlegt werden kann.
Der Leitlinie zufolge sollen Männer über die Vor- und Nachteile der Früherkennungsmaßnahmen aufgeklärt werden, "insbesondere über die Aussagekraft von positiven und negativen Testergebnissen sowie über gegebenenfalls erforderliche weitere Maßnahmen".
In einem Sondervotum weist die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) darauf hin, dass die Männer, die den Wunsch nach einer Früherkennungsuntersuchung mithilfe eines PSA-Tests in der Hausarztpraxis nicht von sich aus äußern, darauf nicht aktiv angesprochen werden sollten.