Britische Studie
Sport entlang der Straße schlägt aufs Herz
Wer sich für sein körperliches Ertüchtigungsprogramm vielbefahrene Straßen aussucht, tut Herz und Lunge keinen Gefallen. Echte Outdoor-Frische für das Kreislaufsystem gibt es eher im Park als auf dem Bürgersteig.
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Joggen an einer vielbefahrene n Straße: Hier lauern viel Feinstaub und Rußpartikel.
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LONDON. Es gibt sie, diese stoischen Innenstadt-Jogger, die lieber alle paar Minuten Straßen überqueren als ihre Design-Jogging-Schuhe den Zumutungen natürlicher Bodenbeläge auszusetzen. Die Schuhe profitieren von dieser Art des Fitnessprogramms, aber auch der Körper? Eine britische Untersuchung mit 119 Erwachsenen über 60 Jahren – ein Drittel bei guter Gesundheit, ein Drittel mit KHK und ein Drittel mit stabiler COPD – sät jetzt zumindest Zweifel daran.
Oxford Street versus Hyde Park
Die Wissenschaftler des National Heart & Lung Institute des Imperial College London ließen ihre Probanden – allesamt seit mindestens 12 Monaten Nichtraucher – einen zwei Stunden langen Spaziergang unternehmen (The Lancet 2017; online 5. Dezember). Die eine Hälfte machte das in der Oxford Street, einer viel von dieselbetriebenen Taxen und Bussen befahrenen Hauptverkehrsstraße im Westen Londons. Die anderen durften ein paar Kilometer weiter südwestlich promenieren, im Hyde Park. Nach ein paar Wochen gab es dann einen weiteren zweistündigen Spaziergang an der jeweils anderen Stelle.
Gemessen wurde unter anderem die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1), und zwar vor dem Training und drei Stunden danach, außerdem die Pulswellengeschwindigkeit als Parameter für die Steifigkeit der arteriellen Gefäße etwa eine Stunde nach dem Spaziergang und noch einmal am nächsten Tag. Gleichzeitig wurden während der Spaziergänge die aktuellen Feinstaubkonzentrationen ermittelt. Differenziert wurde dabei zwischen definiertem Feinstaub (PM10) und dem feinen PM2,5-Staub. Letzterer gilt als typisch für Dieselabgase, genauso wie Rußpartikel, die separat gemessen wurden.
Die Ergebnisse: Bei den herz-und lungengesunden Rentnern und Frührentnern stieg die FEV1 durch den langen Spaziergang im Hyde Park im Mittel um 7,5 Prozent an. Gleichzeitig sank die Pulswellengeschwindigkeit um 5 Prozent, ein Effekt, der auch am Folgetag noch nachweisbar war. An der Oxford Street sah es dagegen etwas anders aus: Die FEV1 stieg nur dezent, vor allem aber erhöhte sich die Pulswellengeschwindigkeit um durchschnittlich 7 Prozent.
Die Verschlechterung der Pulswellengeschwindigkeit war assoziiert mit höheren Konzentrationen an Ruß und an PM2,5-Feinstaub, während die Verschlechterung der Lungenfunktion mit allen gemessenen Umweltparametern, also auch mit dem gröberen Staub, korrelierte. Dies spreche dafür, dass es sich bei den arteriellen Schäden in erster Linie um einen Dieseleffekt handele, betonen die Wissenschaftler um Senior-Autor Professor Fan Chung: "Wir plädieren deswegen dafür, dass besonders ältere Menschen möglichst in Parks oder Grünanlagen spazieren gehen, und nicht auf viel befahrenen Straßen."
COPD-Kranke besonders anfällig
Besonders anfällig für die Feinstaubbelastung waren die Patienten mit COPD. Sie zeigten bei der Straßenetappe nicht nur eine Zunahme der Gefäßsteifigkeit, sondern auch mehr klinische Symptome als bei der Parketappe, darunter Husten, Kurzatmigkeit, Niesen und eine Zunahme der Sputumproduktion. Auch bei diesen Beschwerden korrelierte die Intensität mit der Konzentration von ultrafeinen Partikeln und Rußpartikeln in der Atemluft.
Eine interessante Zusatzbeobachtung machten die Forscher bei den KHK-Patienten. Hier kam es in erster Linie bei Patienten, die an dem jeweiligen Tag keine Medikation eingenommen hatten, zu einer Zunahme der Steifigkeit der arteriellen Gefäße, weniger dagegen bei Patienten unter Medikation.Dies könnte auf protektive Effekte der KHK-Medikamente hindeuten, doch waren die Teilnehmerzahlen für eine definitive Aussage zu niedrig.
Studienergebnisse in Kürze
» Bei herz-und lungengesunden Rentnern stieg die FEV1 durch den langen Spaziergang im Hyde Park im Mittel um 7,5 Prozent an. Die Pulswellengeschwindigkeit sank um 5 Prozent.
» An der Oxford Street stieg die FEV1 nur dezent, vor allem aber erhöhte sich die Pulswellengeschwindigkeit um durchschnittlich 7 Prozent.