Placebo-Studie

Teuer hilft viel

Als teuer angepriesene Placebos entfalten eine deutlich stärkere Wirkung als solche, die Patienten als Billigvariante angeboten werden. Das legen die Ergebnisse einer Studie mit Parkinson-Patienten nahe.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Wissen Patienten, ob ein Medikament billig oder teuer ist, beeinflusst dies seine Wirksamkeit.

Wissen Patienten, ob ein Medikament billig oder teuer ist, beeinflusst dies seine Wirksamkeit.

© Setareh / fotolia.com

CINCINNATI. Gemäß der Hypothese, die ein Team um den Neurologen Alberto Espay von der University of Cincinnati in der kleinen Studie untersuchte, geht ein Teil der verbesserten motorischen Funktion bei Morbus-Parkinson-Patienten auf die von den Patienten wahrgenommenen Kosten der Medikation zurück.

Um diese Annahme zu prüfen, teilten die Forscher zwölf Probanden, die den Ergebnissen eines Vortests gemäß exzellent auf Levodopa ansprachen, randomisiert in zwei Gruppen auf (Neurology 2015; 84: 794-802).

Gruppe eins erhielt in einer klinischen Off-Phase zunächst einen angeblich neuen, drei bis vier Stunden wirkenden Dopaminagonisten subkutan injiziert. Seine Herstellungskosten wurden mit 1500 Dollar beziffert.

Verbesserungen auf UPDRS-Skala

Den Probanden der Gruppe zwei wurde gesagt, sie bekämen zuerst eine deutlich billigere Variante des gleichen Präparats, die nur 100 Dollar koste.

Man gehe davon aus, so die Versuchslegende, dass beide Präparationen vergleichbar gut wirkten; dies zu untersuchen, sei Aufgabe der Studie.

Vier Stunden später wechselten die Gruppen im Cross-over zur jeweils anderen Präparation - bei der es sich in beiden Fällen tatsächlich um Kochsalzlösung handelte. Nach Abschluss der Studie wurden die Patienten über die Täuschung aufgeklärt.

Beide Placebos verbesserten die motorische Funktion, allerdings war der Nutzen größer, wenn zuerst das "teure" Präparat verabreicht wurde.

In der auf die Motorik gerichteten "Unified Parkinson's Disease Rating Scale"(UPDRS)-III (Skala 0 bis 108, je niedriger, desto besser) sank der Wert nach der Injektion des als teuer deklarierten Placebos im Mittel von 29,4 (Ausgangswert) auf 21,6.

Der Effekt war damit signifikant, wiewohl etwas kleiner als im Vortest unter Levodopa, wo im Schnitt 17,4 Punkte erreicht worden waren. Die folgende Billig- Injektion verminderte die Punktzahl auf 25,6.

Gab es zuerst die vermeintlich billige und danach die teure Variante, wichen die erzielten Werte nicht signifikant vom Ausgangswert ab.

Die Rolle der Erwartungen

In der Bildgebung mit funktionellem Kernspin zeigte sich die höchste Aktivierung - etwa im bilateralen anterioren und posterioren Gyrus cinguli, im linken lateralen sensorimotorischen und im rechten parietalen Kortex - nach erster Gabe des Billig-Placebos.

Laut Espay und Kollegen geht dies auf die geringere Erwartungshaltung zurück. Das teure Placebo war hingegen mit Bildern assoziiert, die jenen unter Levodopa glichen.

"Die Erwartungen der Patienten spielen eine wichtige Rolle hinsichtlich der Wirksamkeit einer Therapie", schreiben die Forscher.

Diese Befunde ergänzten Erkenntnisse aus anderen Studien, in denen der Wechsel von Marken- auf Generikapräparate untersucht und ein Wirkungsabfall festgestellt worden war.

Die Forscher verschweigen nicht, dass ihr Studienkonzept ethisch nicht unproblematisch ist. Sie räumen ein, es verstoße womöglich gegen die Forderung nach Patientenautonomie, sich einer Täuschung zu bedienen, um einen Placeboeffekt hervorzurufen - und sei es in wohlwollender Weise.

Von echter informierter Zustimmung der Patienten zur Studienteilnahme kann unter solchen Umständen nicht die Rede sein. Das zuständige Gremium hat denn auch acht Monate diskutiert, bis es die Studie genehmigte.

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