Ebola
WHO ruft den weltweiten Notfall aus
Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist von den Seuchen-Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Internationaler Gesundheitsnotfall eingestuft worden. Ebola dauerhaft in den Griff zu kriegen erscheint Experten sehr schwierig.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Ebola-Krise in Westafrika fordert immer mehr Opfer. Doch werden aus der Epidemie auch Lehren gezogen, wenn sie irgendwann vorbei ist? Experten wie Dr. Otmar Kloiber, Generalsekretär des Weltärztebundes (WMA), sind skeptisch.
Ob die jetzigen Maßnahmen langfristig ausreichend sein werden, um instabile Länder mit schlechter Infrastruktur auch im Gesundheitswesen vor erneuten Ausbrüchen zu bewahren, hält er für mehr als ungewiss.
Die Systeme vor Ort seien massiv unterfinanziert, die Menschen nicht über Gesundheitsrisiken und den Umgang mit diesen aufgeklärt und dadurch schnell verunsichert.
Auch die wenigen Ärzte vor Ort seien mit der Situation überfordert, sagte Kloiber im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "All das zum jetzigen Zeitpunkt zu bewältigen kommt einer Mammutaufgabe gleich", betont er. "Die Verteilungsschieflage auf dem Globus kommt jetzt zum Tragen."
Maßnahmen völkerrechtlich bindend
Unterdessen zieht die Entscheidung der WHO, die Epidemie als Internationalen Gesundheitsnotfall einzustufen, weitreichende Konsequenzen nach sich. "Die täglich steigenden Zahlen an Ebola-Erkrankten verpflichten uns, weltweit Vorschriften zur Eindämmung des Virus zu erlassen", kommentierte ein WHO-Sprecher die Entscheidung gegenüber der "Ärzte Zeitung".
Dieser Schritt sei ein Aufruf der WHO an alle Staaten der Welt, sich solidarisch mit den Krisenländern zu zeigen. Die Weltgesundheitsorganisation hatte bereits im Zusammenhang mit der Ausbreitung von Polio in Pakistan im Mai dieses Jahres sowie 2009 aufgrund der Ausbreitung der Neuen Influenza A/H1N1, auch bekannt als "Schweinegrippen-Virus", den Internationalen Gesundheitsnotfall ausgerufen.
Die Vorschriften, die die WHO auf Grundlage der Empfehlungen der Seuchen-Experten erlassen hat, sind Generaldirektorin Margaret Chan zufolge völkerrechtlich bindend. Das bedeutet, dass alle Staaten dazu verpflichtet sind, an der Eindämmung der Epidemie aktiv mitzuwirken.
Zu den Vorschriften zählen Quarantäne-Maßnahmen wie die Schließung von Ländergrenzen sowie Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr. Bei Verdachtsfällen soll eine Ausreise verboten werden. Damit Infizierte schneller entdeckt werden, sollen traditionelle Führer und Heiler mit einbezogen werden.
Die Internationale Gemeinschaft wird aufgerufen, die betroffenen Staaten stärker zu unterstützen - mit Geld, Medikamenten, medizinischen Einrichtungen und Fachkräften.
Entsprechend hat die EU-Kommission am Freitag angekündigt, die Finanzhilfe für die betroffenen Staaten um weitere acht Millionen Euro auf insgesamt 11,9 Millionen Euro aufzustocken. Zudem solle ein zweites mobiles Labor für Tests in die Region entsandt werden.
Das Geld soll in die Gesundheitsversorgung für die Menschen in den betroffenen Gebieten fließen sowie in die Eindämmung von Ebola. Die Europäische Union arbeitet dabei mit humanitären Organisationen vor Ort und UN-Agenturen zusammen.
Belgien erwartet Rückkehrer aus Guinea
EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg schätzt die Gefahr für die europäische Bevölkerung als "äußerst gering" ein. Es sei bei relativ wenigen Menschen, die in die EU reisen, wahrscheinlich, dass sie mit dem Virus infiziert sind, sagte Borg am Freitag in Brüssel.
Aber gerade die Belgier sind offenbar durchaus in Sorge. In Belgien leben etwa 5500 Menschen, die aus Guinea stammen. Hunderte von ihnen halten sich während der Ferienmonate Juli und August in ihrer afrikanischen Heimat auf. Für ihre Rückkehr nach Europa haben die belgischen Behörden bislang offenbar keine Vorsorgemaßnahmen getroffen.
Das Ebola-Virus könnte demnach bald über den Krankentransport des spanischen Geistlichen hinaus sehr wohl den europäischen Kontinent erreichen.
Das Auswärtige Amt rät unterdessen in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen von Aufenthalten in den betroffenen Ländern ab. "Wir beobachten die Lage ganz genau und passen entsprechend unsere Empfehlungen an", sagte eine Sprecherin des AA. Darüber, wie viele Deutsche sich derzeit im Krisengebiet aufhalten, könne das Auswärtige Amt keine Angaben machen. (mam, taf, dpa)