Onkologie
Was hilft bei Fatigue?
BERLIN. Jeder zweite Krebspatient testet komplementäre medizinische Therapien. Bei Fatigue erwiesen sich einige Methoden als wirksam. Über die Hälfte aller Krebskranken nehme eine Form komplementärmedizinischer Therapie in Anspruch, berichtete Dr. Axel Eustachi vom Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) der TU München.
Die Hintergründe dafür seien meistens eine schlechte Lebensqualität, ein fortgeschritteneres Erkrankungsstadium sowie positive Vorerfahrungen mit komplementären Methoden.
Bei Nachfrage seitens der Patienten sollten Methoden eingebracht werden, die eine gewisse Evidenzbasis hätten, erinnerte Eustachi beim Krebskongress in Berlin. Wichtig sei, dass komplementärmedizinische Therapieentscheidungen unter Berücksichtigung der individuellen Symptome des Patienten, des Krankheitsstadiums und der Phase der konventionellen Behandlung gefällt werden.
Vor allem Anderen müssten eine Bewegungstherapie, etwa mit Ausdauer- oder Krafttraining, und eine psychoonkologische Begleitung gewährleistet sein.
Eustachi wies auf eine britische Studie hin, in der Daten von 20 Studien, 15 davon randomisiert und kontrolliert, analysiert wurden, um die Wirksamkeit komplementärer und alternativer Medizin (CAM, complementary and alternative medicine) bei Tumor-Fatigue zu beurteilen (Integr Cancer Ther. 2013; 12(4):276-90).
Von den insgesamt 1560 Patienten, deren Daten ausgewertet wurden, waren 80 Prozent Frauen, da die Hälfte der Studien an Brustkrebs-Patientinnen durchgeführt worden waren. Bei der Auswertung wurde berücksichtigt, ob die CAM-Behandlung während der konventionellen Therapie stattfand, erst danach oder sowohl als auch.
Begleitend neben Chemo- oder Strahlentherapie erwiesen sich Hypnose, Ginseng- und Guaranabehandlung als effektiv. Akkupunktur hingegen zeigte einen deutlichen Effekt nach Beendigung der Chemo- oder Strahlentherapie. Zudem gab es Hinweise auf die Effektivität von Massage in dieser Therapiesituation.
Qi Gong zeigte sowohl während wie auch nach der konventionellen Therapie positive Wirkung auf Fatigue. Hinsichtlich Therapie-Kombinationen konnte die Studie keine Ergebnisse liefern. Problematisch war auch die kurze Nachbeobachtungszeit von weniger als drei Monaten.
Aufgrund der vielen Möglichkeiten alternativmedizinischer Methoden, die sich angeblich positiv auf die Fatigue auswirken sollen, müsse sich der behandelnde Arzt laut Eustachi "Halteseile schaffen", um die Patienten beraten zu können.
Er empfiehlt Kriterien zur Beurteilung: Ist die Methode evidenzbasiert und damit empfehlenswert? Ist sie zumindest möglicherweise sinnvoll und damit zumindest tolerabel? Auch der Kostenfaktor sei zu berücksichtigen, und ob ein tatsächlich verfügbares Angebot für den Patienten vor Ort bestehe.
Wichtig sei es, die Kombinierbarkeit mit der laufenden onkologischen Standardtherapie abzuklären und mögliche Wechselwirkungen auszuschließen, so Eustachi. So enthalte Ginseng beispielsweise Substanzen, die mit unklarer Wirkung an Östrogenrezeptoren andocken könnten, und sei daher bei Östrogenrezeptor-positivem Brustkrebs besser zu meiden. (C. Cramer)