Krebs in der Schwangerschaft
Welche Folgen hat eine Chemo?
Tumorkrankheiten in der Schwangerschaft sind zwar selten, generell kann eine Schwangere jedoch an jeder nur denkbaren Krebsform erkranken. Dass eine Schwangerschaft kein Hindernis für eine adäquate Tumortherapie ist, belegen neue Studiendaten.
Veröffentlicht:MADRID. Wie Daten des dänischen Krebsregisters zeigen, sind werdende Mütter am häufigsten von einem Melanom (21 Prozent), einem Zervixkarzinom (20 Prozent) oder einem Mammakarzinom (20 Prozent) betroffen, berichtete Professor Hatem A. Azim vom Institut Jules Bordet in Brüssel, Belgien, auf der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO), die im September 2014 stattfand.
Die Krebserkrankung selbst gefährdet das ungeborene Kind meist nicht.
Dass dies auch für eine adäquate Tumortherapie gilt, bezweifeln Onkologen allerdings oft: Nach Professor Frédéric Amant vom Universitätskrankenhaus der Katholischen Universität in Leuven scheuen viele Kollegen aus Angst vor möglichen Folgen für das Baby davor zurück, bei betroffenen Frauen eine Chemo- oder Radiotherapie einzusetzen.
In zwei Studien, die im Rahmen der ESMO-Jahrestagung vorgestellt wurden, zeigte sich jedoch, dass eine Schwangerschaft in vielen Fällen kein Hindernis für eine leitliniengerechte Krebstherapie der Patientinnen ist.
"Sofern eine Chemotherapie nach dem ersten Schwangerschaftstrimester verabreicht wird, lassen sich bei den Kindern der erkrankten Frauen keine Komplikationen feststellen", erklärte Amant.
"Bedenken vor den Folgen einer Chemo- oder Radiotherapie sollten deshalb nicht dazu führen, die Schwangerschaft abzubrechen, die Tumortherapie zu verzögern oder die Geburt vorzeitig einzuleiten", machte der Gynäkoonkologe deutlich.
In der ersten Studie wurden 38 Kinder mit pränataler Chemotherapie-Exposition aus dem Register des International Network for Cancer, Infertility an Pregnancy (INCIP) rekrutiert und im medianen Alter von 20,5 Monaten hinsichtlich ihrer mentalen Entwicklung und kardialen Gesundheit untersucht.
Zum Vergleich wurden 38 Kinder im medianen Alter von 22 Monaten, die vorgeburtlich keiner Chemotherapie ausgesetzt waren, als Kontrollen herangezogen.
Bei den Müttern waren Mammakarzinome (61 Prozent) und hämatologische Neoplasien (22 Prozent) die am häufigsten vorkommenden Krebserkrankungen.
Sie waren im Mittel mit vier Zyklen (Range 1-7) einer Chemotherapie behandelt worden, wobei in 61 Prozent der Fälle Anthrazykline und in 91 Prozent der Fälle Polychemotherapien zum Einsatz kamen.
Chemotherapie für die Kinder sicher
"Die mentale Entwicklung, gemessen anhand des Mental Development Index (MDI), unterschied sich zwischen den Gruppen nicht.
Zwar ließ sich bei allen Kindern eine Korrelation des MDI mit dem Gestationsalter bei der Geburt feststellen, nicht jedoch mit der Zahl der Chemotherapiezyklen", berichtete Amant. Herzgröße und -funktionen lagen in beiden Gruppen im Normbereich.
"Auch wenn diese erste Fallkontrollstudie klein ist, so hat sie doch gezeigt, dass eine Chemotherapie während der Schwangerschaft die kardiale und mentale Entwicklung der Kinder nicht beeinträchtigt", sagte Amant.
Radiotherapie ohne Spätfolgen
In der zweiten Studie wurden 16 Kinder (medianes Alter: 6 Jahre) und 10 Erwachsene (medianes Alter 33 Jahre) untersucht, die im Mutterleib einer Radiotherapie ausgesetzt waren.
Die kardiale Funktion erwies sich bei allen Betroffenen als normal, und auch die neuropsychologische Entwicklung und der generelle Gesundheitszustand lagen im Normbereich.
"Wir hoffen, dass diese Studienergebnisse dazu beitragen, Ärzte und Patientinnen bei der Entscheidungsfindung in einer schwierigen Situation zu unterstützen", äußerte Amant in Madrid.