Baden-Württemberg
AOK-Kooperation: Verbindung von Umwelt- und Gesundheitsdaten im Fokus
AOK Baden-Württemberg und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt poolen ihre Daten. Möglich werden sollen so regionalisierte Auswertungen zu gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltfaktoren.
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Feinstaubfilter an einer stark belasteten Straße in Stuttgart: Das Forschungsprojekt von AOK und DLR ermöglicht es, Umweltstressoren und Gesundheitsdaten der Kasse zu kombinieren.
© Bernd Weissbrod/picture alliance
Stuttgart. Die AOK Baden-Württemberg sieht in einer Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) großes Potenzial, um Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Umweltstressoren zu erkennen. Dazu werden Daten aus der Erdbeobachtung mit anonymisierten Krankenversicherungsdaten zusammengeführt.
Influenza ist das erste Krankheitsbild, bei dem dieses Vorgehen erprobt wurde, heißt es in einer Mitteilung der AOK, die der Ärzte Zeitung vorab vorliegt. Durch die unterschiedlichen Daten seien flächendeckend regionalisierte Auswertungen möglich, um Zusammenhänge zu identifizieren, sagt Professor Jörn Rittweger, Leiter der Abteilung Muskel- und Knochenstoffwechsel im DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin.
Der aggregierte Datensatz und die statistische Modellierung ermöglichten „eine postleitzahlengenaue Analyse von gesundheitlichen Auswirkungen der Umweltfaktoren“, so Rittweger.
Regionalisierte Angebote für Prävention und Vorsorge
Konkret konnten die Wissenschaftler anhand von Daten zu rund 513.000 Grippe-Neuerkrankungen im Zeitraum von 2010 bis 2018 zeigen, wie sich Feinstaub und Temperatur auf die Grippe-Inzidenz auswirken. Den Modellierungen zufolge ist das Risiko an Grippe zu erkranken in Regionen mit der höchsten beobachteten Feinstaubbelastung „in etwa doppelt so hoch wie in Regionen mit den niedrigsten Feinstaubwerten“, so die AOK.
Noch größer als Feinstaub sei der Einfluss der Temperatur auf die Inzidenz. Ihre Ergebnisse haben die Forscher kürzlich veröffentlicht (Environmental Health (2022) 21:131; https://doi.org/10.1186/s12940-022-00927-y).
Aus Sicht der Kasse sei es sehr relevant, die Auswirkungen von Umwelt- und Klimaeinflüssen auf die Gesundheit im Detail zu kennen, sagt AOK-Vorstandschef Johannes Bauernfeind. Perspektivisch ergäben sich so Möglichkeiten, „regionalspezifische Leistungen und Angebote für Prävention und Vorsorge der Versicherten abzuleiten“, so Bauernfeind.
Besonders vulnerable Versichertengruppen könnten so vor Auswirkungen von Umwelt- und Klimaeinflüssen besser geschützt werden. Weitere Studien für andere Krankheitsbilder stünden auf der Agenda der Forschungskooperation, so beispielsweise für Atemwegs-, Kreislauf-, Haut- und Stoffwechselerkrankungen.
Die Kombination aus Erdbeobachtung und Krankenversicherungsdaten stelle ein leistungsfähiges Konzept für Studien zur öffentlichen Gesundheit dar, bestätigt Rittweger. „Die angewandte Methodik und das statistische Modell liefern eine hohe Zuverlässigkeit und Validität der Ergebnisse“. Die AOK will nach eigenen Angaben Ergebnisse der Forschungskooperation in bestehende Versorgungsformen der Kasse wie das Haus- und Facharztprogramm einfließen lassen. (fst)