Corona-Lage
COVID-19: Söder will raus aus starrer Impfempfehlung
Bayern will nun die Impfreihenfolge ändern, um schneller und effizienter zu sein. Ab April soll zudem auch schon in ersten Betrieben geimpft werden.
Veröffentlicht: | aktualisiert:München. Der Freistaat Bayern will ungeachtet der Unwägbarkeiten um den Impfstoff von AstraZeneca das Impfen gegen das Coronavirus massiv beschleunigen. Dafür soll auch die Impfreihenfolge schrittweise geändert werden, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Videokonferenz mit Vertretern von Ärzteschaft und Wirtschaft an.
Es sei wichtig „aus der starren Impfempfehlung herauszukommen“, sagte Söder. Die Regelungen müssten auch „entkriminalisiert“ und die Dokumentationspflichten entstaubt werden.
Bereits jetzt werde erfolgreich entlang der tschechischen Grenze in sogenannten Ring- und Riegelimpfungen ein Ausbreiten der Pandemie bekämpft – in Teilen außerhalb der vom Bund vorgegebenen Impfreihenfolge. Die Impfverordnung erlaubt Abweichungen, „wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen (...) notwendig ist.“
Ab April auch Reihenimpfungen in ersten Betrieben
Ab April sollen in rund zehn Modellprojekten Reihenimpfungen in Betrieben hinzukommen, sagte Söder. Verschiedene Betriebe, darunter die Sportartikelhersteller Adidas und Puma, hatten angeboten, Beschäftigte durch die Betriebsärzte selbst zu impfen. Auch hier würde die Impfreihenfolge außer Kraft gesetzt werden müssen. „Da geht es dann nicht nach Alter, sondern der gesamte Betrieb wird durchgeimpft.“ Nach den Betriebsärzten sollen Impfstraßen in Kliniken eingerichtet werden, um eine maximale Verbreitung zu erreichen.
Außerdem soll der maximal von den Herstellern mögliche Zeitabstand zwischen Erst- und Zweitimpfung ausgenutzt werden, um möglichst vielen Menschen schnell die Erstimpfung zu ermöglichen. Auch die Notreserven sollen weitgehend aufgelöst werden. „Es gibt keine Osterruhe fürs Impfen“, sagte Söder. Vom Bund verlangte er eine verbindliche Aussage darüber, ob Impfen auch mehr Freiheiten nach sich ziehen kann, etwa beim Besuch von Großeltern.
Angesichts der Turbulenzen um den Impfstoff des Herstellers AstraZeneca schlug Bayerns Regierungschef vor, die Impfreihenfolge für das Vakzin komplett aufzulösen. „Irgendwann wird man bei AstraZeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren müssen und sagen müssen: Wer will und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben“, sagte der CSU-Chef.
Impfen nach Gefährdungslage
„Das Impfsystem ist in den Hotspots viel flexibler. Es ist die Vorstufe, es dort zu erproben und es dann ganz auszurollen“, sagte Söder. Es könne beispielsweise nach Gefährdungslage geimpft werden. Es gebe derzeit 180.000 zusätzliche Impfstoffdosen für die Hotspot-Regionen. Bald werde die Frage der Impfung von Saisonarbeitern aufkommen.
Sobald genügend Impfstoff bereitstehe, sollen nach den bereits zum Teil geimpften Grundschullehrerinnen und -lehrern auch Lehrkräfte weiterführender Schulen an die Reihe kommen. Bayern habe bisher 2,7 Millionen Dosen Impfstoff erhalten, davon seien 2,2 Millionen Dosen bereits verabreicht. Bis 2. Mai sollen weitere zwei Millionen dazukommen. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sprach von „pragmatischen Lösungen“ die in der Pandemiebekämpfung nötig seien. Der Kampf gegen Corona dürfe nicht an bürokratischen Hürden scheitern.
Bis Anfang Mai sollen nach Angaben von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 20 Prozent der bayerischen Bevölkerung eine Erstimpfung gegen das Coronavirus erhalten haben. Derzeit würden täglich rund 40.000 Impfdosen im Freistaat verabreicht. Gleichzeitig müsse aber das Infektionsgeschehen niedrig gehalten werden, um die Wirkung des Impfens auf die Pandemie nicht zu verwässern.
1635 Praxen sind dabei
Neben den Impfzentren, wo bis zu 70.000 Impfungen täglich möglich seien, würden von Mittwoch an auch die niedergelassenen Ärzte mitimpfen, sagte Söder. Begonnen werde zunächst mit 1635 Praxen und 33.000 Dosen. Nach Ostern sollen alle 8000 Hausarztpraxen einsteigen. Diese könnten auch besser als in den Impfzentren Nachsorge betreiben und Patienten beratend zur Seite stehen, etwa bei der Frage des AstraZeneca-Impfstoffes. (dpa)