Lieferengpässe
In Mecklenburg-Vorpommern ist jedes zehnte verordnete Medikament nicht verfügbar
Von Entspannung kann nach Angaben der KV und des Apothekerverbandes keine Rede sein. Bei jeder zweiten Verordnung besteht derzeit Klärungsbedarf.
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Ärzte und Apotheker beklagen weiter Lieferengpässe für viele Medikamente.
© Stefanie Oberhauser / EXPA / picture alliance
Schwerin/Rostock. KV und Apothekerverband in Mecklenburg-Vorpommern sehen im Lieferengpass bei Medikamenten weiterhin ein großes Problem für die Patientenversorgung. Von einer Entspannung kann nach ihrer Wahrnehmung keine Rede sein.
Nach ihren Angaben besteht bei jedem zweiten Patienten, der in die Apotheken kommt, derzeit Klärungsbedarf in Bezug auf das vom Arzt verordnete Medikament. Jedes zehnte verordnete Arzneimittel sei nicht verfügbar.
Als „besonders dramatisch" beschreiben die beiden Organisationen die aktuelle Situation in den Praxen von Hausärzten und Pädiatern. „Die Situation spitzt sich langsam zu“, zitieren sie etwa Kinderarzt Dr. Frank Kirchhoff aus Rostock in einer gemeinsamen Mitteilung. Danach sind Mittelohr- oder Mandelentzündungen, Scharlach und weitere Infektionskrankheiten in Kirchhoffs Praxis seit Monaten an der Tagesordnung. Die zur Behandlung notwendigen Antibiotika seien nur schwer verfügbar. Auch bei Alternativtherapien kämen die Ärzte an ihre Grenzen und müssten zum Teil erhöhte Nebenwirkungen in Kauf nehmen. „Ich kann nicht ausschließen, dass Kinder ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen, um dort ein Antibiotikum intravenös zu erhalten, wenn sich die Lage so weiter entwickelt“, sagte Kirchhoff.
Wirtschaftliches Verordnen wird durch Engpässe erschwert
Die KV verwies auch darauf, dass die Ärzte in der derzeitigen Situation ihrer gesetzlichen Verpflichtung, das wirtschaftlichste Arzneimittel zu verordnen, nicht nachkommen könnten. Weil die Regressfrage für diese Lage nach Angaben der Organisationen nicht geklärt ist, erhöht sich damit die Unsicherheit für die verordnenden Ärzte.
„Die Folgen der Kostendämpfungspolitik der letzten Jahrzehnte wird auf dem Rücken und vor allem zu Lasten der Patienten ausgetragen“, sagte KV-Vorstandschefin Angelika von Schütz. Erneut treffe es vor allem Kinder und ihre Eltern. Die Suche nach Alternativtherapien, das Wiedervorstellen der Patienten sowie erforderliche telefonische Rücksprachen mit den Apotheken kosten nach ihrer Darstellung viel Zeit in den Praxen - zu Lasten der Versorgung.
Bis die von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) geplanten Gesetzesänderungen greifen, wird es nach ihrer Überzeugung noch einige Zeit dauern. „Festbeträge und das Rabattvertragssystem haben die Erstattungspreise für viele Standardpräparate in den letzten Jahren so stark gedrückt, dass immer mehr Hersteller aus dem deutschen Markt ausgestiegen sind. Diese Preispolitik rächt sich jetzt und die Folgen lassen sich eben nicht von heute auf morgen beheben“, sagte Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern. (di)