Klinikmodernisierung

Klimakiller Krankenhaus – Sanierung in NRW kostet Milliarden

Energetische Sanierung, Photovoltaik-Anlagen, modernere Wärmepumpen: Damit Deutschlands Kliniken die Klimaschutzziele erreichen, muss kräftig investiert werden, so Berechnungen eines Instituts.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Große Krankenhäuser, hier das Universitätsklinikum Aachen, verbrauchen enorm viel Energie.

Große Krankenhäuser, hier das Universitätsklinikum Aachen, verbrauchen enorm viel Energie.

© Joko/Bildagentur-online/picture alliance

Düsseldorf. Die Krankenhäuser brauchen eine Riesen-Finanzspritze, damit sie die von der Bundesregierung vorgegebenen Klimaschutzziele erfüllen können. Nach Berechnungen des Institute for Health Care Business (hcb) sind dafür allein in Nordrhein-Westfalen in den kommenden Jahren 7,7 Milliarden Euro nötig. Hochgerechnet auf die gesamte Republik geht es um 30 bis 35 Milliarden Euro. „Die Aufgabe ist groß und eigentlich nicht verhandelbar“, sagte hcb-Geschäftsführer Professor Boris Augurzky bei einer Online-Pressekonferenz der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW).

Gesundheitseinrichtungen und vor allem Krankenhäuser verursachen rund 5,2 Prozent der deutschen CO2-Emissionen, berichtete Augurzky. „Wir reden über einen großen Block.“

Die KGNW hatte zwei Gutachten zu der Frage in Auftrag gegeben, wie die Krankenhäuser des Landes klimaneutral werden können. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hat die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels erarbeitet, das hcb die damit verbundenen Kosten berechnet.

Klimaschutzmanager benötigt

„Das klimaneutrale Krankenhaus ist kein Selbstzweck, sondern eingebunden in die Strategie der Bundesregierung“, betonte Oliver Wagner, Co-Leiter des Forschungsbereichs Energiepolitik am Wuppertal Institut. Das Gutachten empfiehlt deshalb zehn Maßnahmen für ein Klimaschutz-Programm.

Als „größten Brocken“ sieht Wagner die energetische Sanierung der Gebäudehüllen. „Wir wissen, dass viele Krankenhäuser nicht auf dem besten energetischen Stand sind.“ Zu den Vorschlägen gehören auch die Installation von Photovoltaik-Anlagen, die Umstellung der Energieträger und die Modernisierung von Wärmepumpen.

Wagner plädierte dafür, dass Kliniken Klimaschutzmanager beschäftigen, die den Prozess begleiten. Möglichst viele Mitarbeitende sollten zum Umstieg auf das Fahrrad, das E-Bike oder den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) motiviert werden, etwa durch ein gefördertes ÖPNV-Ticket. Ein weiterer Baustein ist die Substitution von Narkosegasen.

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Die Umsetzung dieser Maßnahmen macht in Nordrhein-Westfalen laut hcb Investitionen von 7,1 Milliarden Euro notwendig. Hinzu kommen 600 Millionen Euro für eine Anschubfinanzierung, mit der über drei Jahre Klimaschutzmanager beschäftigt und die neue Mobilität gefördert werden soll.

Klar ist für Boris Augurzky, dass die Krankenhäuser angesichts der ohnehin schon bestehenden Investitionslücke diese Aufgabe nicht stemmen können. „Weder in den Betriebskosten noch in den Investitionskosten von heute sind die Klimaschutzkosten enthalten“, betonte er. Die Finanzierung sieht er als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Schließlich machten die Klimaschutzmaßnahmen nur volkswirtschaftlich Sinn, nicht aber betriebswirtschaftlich. „Ich kann von niemandem verlangen, etwas Gutes zu tun und sich selbst zu schädigen“, so Augurzky.

Die vorhandenen Sondertöpfe für Krankenhäuser – der Krankenhausstrukturfonds, der Krankenhauszukunftsfonds und der Innovationsfonds – seien nicht für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Auch andere Beihilfen und staatliche Förderprogramme passten nicht.

Klimafonds gefordert

Deshalb schlug Augurzky einen „Climate Boost“ vor. Dazu gehört, dass in den Gesetzen auf Bundes- und Landesebene Investitionen zur Erreichung der Klimaziele als Förderkriterium aufgenommen werden. Für die Finanzierung der Maßnahmen soll ein landesweiter Klimafonds aufgelegt werden, dessen Mittel über Klima-Pauschalen und ein Sonder-Investitionsprogramm an die Häuser fließen sollen, erläuterte er.

„Die NRW-Krankenhäuser sind bereit, sich auf den Weg zu machen“, sagte KGNW-Vizepräsident Sascha Klein. Der Handlungsbedarf sei akut. „Aus Klimasicht können wir es uns nicht erlauben, die Hände in den Schoß zu legen.“

Die im Mai zu wählende Landesregierung muss nach Ansicht Kleins entscheiden, ob und wann sie den Aufbruch ermöglicht und den Startschuss gibt. Es sei klar, dass die 7,7 Milliarden Euro eine große Herausforderung für die Politik sind. Aber: „Wer der Stahlbranche mit fast sechs Prozent des CO2-Ausstoßes besorgte Aufmerksamkeit widmet, darf nicht die Augen vor den Herausforderungen der Gesundheitsbranche verschließen.“

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