Umfrage

Kliniken in Baden-Württemberg sehen sich in prekärer Lage

Grau die Perspektive, tiefrot die Bilanzen: So stellt sich die Situation der Krankenhäuser in Baden-Württemberg dar – aus Sicht der Geschäftsführer. Die Klinik-Gesellschaft dringt auf Bundeshilfen.

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Leere Betten: Weil Patienten ausbleiben und weil Personal fehlt, um die sie zu betreiben. Die Krankenhausgesellschaft in Baden-Württemberg hat am Montag Ergebnisse einer Befragung von Klinikgeschäftsführern vorgestellt.

Leere Betten: Weil Patienten ausbleiben und weil Personal fehlt, um die sie zu betreiben. Die Krankenhausgesellschaft in Baden-Württemberg hat am Montag Ergebnisse einer Befragung von Klinikgeschäftsführern vorgestellt.

© Marijan Murat/dpa

Stuttgart. Krankenhaus-Manager in Baden-Württemberg schauen düster in die Zukunft. 61 Prozent der befragte Führungskräfte erwarten für dieses Jahr rote Zahlen in ihrem Haus – ein Anstieg von rund 15 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr (45,6 Prozent).

Das geht aus dem neuen Indikator der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) hervor, der am Montag vorgestellt wurde.

In Reha-Kliniken hat sich die Bewertung der aktuellen Situation anscheinend verbessert im Vergleich zu 2021 – das ist allerdings nur der desaströsen Situation der Einrichtungen in der Zeit des Lockdowns im vergangenen Jahr geschuldet.

Damals bewerteten rund 76 Prozent der befragten Reha-Manager die Lage als schlecht oder sehr schlecht, jetzt sind es „nur“ noch knapp 56 Prozent. 61,4 Prozent der Häuser erwarten in diesem Jahr ein negatives Geschäftsergebnis, 65,7 Prozent waren es im Vorjahr.

Stellennachbesetzung immer schwieriger

Für den BWKG-Vorsitzenden Heiner Scheffold liegt das Fatale darin, „dass die Einrichtungen nach zwei Pandemiejahren nun mit einer Inflationskrise und einem verschärften Fachkräftemangel konfrontiert werden“. Sinkende Patientenzahlen durch die Pandemie oder unerwartete Sachkostensteigerungen träfen „ungebremst auf die bereits bestehende Unterfinanzierung“, so Scheffold.

Probleme bei der Stellenbesetzung im ärztlichen Dienst haben sich in den Krankenhäusern weiter verschärft. 73,5 Prozent der aktuell befragten Krankenhaus-Geschäftsführer bezeichneten es als eher schwierig oder schwierig, neues Personal zu finden – knapp 68 Prozent waren es ein Jahr zuvor.

Noch prekärer stellt sich die Situation im Pflegedienst dar. 92 Prozent der Manager bewerten es als schwierig, Pflegepersonal zu rekrutieren. Ein Jahr zuvor waren 88 Prozent der Befragten dieser Meinung.

Landesweit liege der Durchschnitt der nicht belegbaren Betten bei 14,3 Prozent, die Tendenz sei steigend. In einzelnen Fällen würden der BWKG verringerte Kapazitäten von mehr als 30 Prozent gemeldet, hieß es. Bereits bisher müssten Operationen vielfach verschoben werden. Im Falle steigender Infektionszahlen – sei es durch Corona oder Influenza – sei eine Verschärfung der Situation abzusehen.

Pflegeschüler machen sich rar

In Pflegeeinrichtungen hat sich die Situation noch drastischer verschärft. 93,4 Prozent der Befragten bewerten es als eher schwierig oder schwierig, Stellen im Pflegedienst neu zu besetzen – ein Jahr zuvor waren es 86,1 Prozent. Zwei von drei Leitern von Pflegeeinrichtungen bezeichnen in der aktuellen Umfrage die Gewinnung von Pflegeschülern als schwierig. Das entspricht einem Anstieg von rund 20 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr (47,5 Prozent).

Die BWKG nahm die Umfrageergebnisse zum Anlass, rasche Hilfen vom Bund zu fordern. Krankenhäuser und Reha-Kliniken seien zum einen auf einen Inflationszuschlag angewiesen. Zum anderen fordert die BWKG Kompensationen für die pandemiebedingt verringerte Patientenzahl. Der Pandemie-Schutzschirm im laufenden Jahr sei hier unzureichend, weil er einen Teil des Pandemie-Risikos auf die Kliniken abwälze.

Landkreistag für Inflationsausgleich

Rückendeckung erhalten die Krankenhäuser vom Landkreistag im Südwesten. Dessen Präsident, Landrat Joachim Walter aus Tübingen, verwies auf Preissteigerungen für Kliniken „an allen Ecken und Enden“. So seien etwa bei Verbrauchsmaterialien, die oft aus Osteuropa stammten, teilweise Lieferketten zusammengebrochen.

„Die hierdurch resultierenden Preiserhöhungen von bis zu 30 Prozent werden an die Kliniken durchgereicht und verschärfen die wirtschaftlichen Probleme weiter“, so Walter. Er bezeichnete einen rückwirkenden Rechnungszuschlag als Inflationsausgleich als „zwingend erforderlich“. (fst)

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Kommentare
Harald Hensel 18.07.202217:39 Uhr

Da möchte Herr Walter doch vor allem einseitig sein Tübinger Uniklinikum geschützt wissen. Die vielen Arztpraxen im Land haben mit den Problemen aber genauso zu kämpfen.

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