Baden-Württemberg

Landarzt-Track soll Studierende für Allgemeinmedizin begeistern

Erst knirschte es in der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg. Dann stand ein Doppelpack als Kompromiss. Der Landarzttrack soll im Studium für Allgemeinmedizin begeistern – immer wieder.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:
Biete Praxis, suche Nachfolger: Ein Hausarzt in St. Georgen im Schwarzwald wählt einen unorthodoxen Weg.

Biete Praxis, suche Nachfolger: Ein Hausarzt in St. Georgen im Schwarzwald wählt einen unorthodoxen Weg.

© picture alliance / Winfried Roth

Freiburg. Mit einer Doppelstrategie will die baden-württembergische Landesregierung die hausärztliche Versorgung sichern.

Das Landeskabinett hat kürzlich den Weg für die Landarztquote und für den sogenannten Landarzt-Track freigemacht. Dieses neue Neigungsprofil soll ab dem Wintersemester 2020/21 an allen fünf Universitätskliniken starten.

Ziel des Landarzt-Tracks sei es, „frühzeitig Begeisterung für dieses Tätigkeitsfeld zu wecken, die dafür notwendigen Kompetenzen zu vermitteln und einen klaren Karriereweg in die primärärztliche Versorgung zu bahnen“, sagte die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bei einem Besuch des Uniklinikums Freiburg Ende Mai. „Motivation und Freiwilligkeit“ seien die Schlüssel, „um junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen“.

Grüne sehen die Quote kritisch

Das kann man als Spitze gegen den Koalitionspartner CDU herauslesen. Die von den Christdemokraten favorisierte Landarztquote operiert mit früher Festlegung, Verbindlichkeit und Konventionalstrafen, um Medizinstudierende auf „Quote“ bei der Stange zu halten. Baden-Württemberg, so will es der nach langem Streit vereinbarte Kompromiss, bekommt beides: Landarztquote und Landarzt-Track.

Dieses Neigungsprofil baut auf Erfahrungen auf, die seit 2012 durch Lehrveranstaltungen im Rahmen der vom Land finanzierten „Sonderlinie Lehre“ entwickelt wurden, sagt Professor Andy Maun, Lehrbereichsleiter Allgemeinmedizin am Uniklinikum Freiburg, der „Ärzte Zeitung“.

Zum einen würden künftig Angebote innerhalb der Pflichtlehre weiterentwickelt. Dazu gehört die Neukonzeption des Blockpraktikums Allgemeinmedizin mit kompetenzorientierten Lehreinheiten sowie die Vermittlung von praktischen Fertigkeiten innerhalb der Einführung in die klinische Medizin.

Einstieg in jedem Semester möglich

Zum anderen sind weitere freiwillige Angebote vorgesehen, wie etwa Allgemeinmedizin als Wahlfach im vorklinischen Abschnitt mit einem Mentorenprogramm sowie als Wahlfach im klinischen Abschnitt mit fallbasiertem Lernen.

Im Praktischen Jahr sind ergänzend zum Wahlpflichtfach Allgemeinmedizin regelmäßige Mentorentreffen geplant. Damit, so Maun, werde angehenden Ärztinnen und Ärzten an mehreren Stellen im Studium die Perspektive einer späteren landärztlichen Tätigkeit aufgezeigt.

Die Studierenden, so Wissenschaftsministerin Bauer, könnten künftig in jedem Semester spezielle, inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausbildungsmodule wählen. Der Einstieg in den Landarzt-Track sei dabei in jeder Phase des Studiums möglich – auch das ein Unterschied zur Landarztquote, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Festlegung noch vor dem ersten Semester verlangt.

Die Studierenden sollen in den Kursen mit Hausärzten, Bürgermeistern und Landräten zusammengebracht werden – auf dass sie sich bestenfalls frühzeitig für eine Region interessieren und Kontakte knüpfen.

Hausärzteverband nur bedingt zufrieden

Der Landeshausärzteverband begrüßt das Förderpaket, zufrieden ist er aber nur bedingt. Die Maßnahmen könnten den aktuellen Bedarf an fehlenden Hausärzten nicht ersetzen und „werden erst in rund zehn Jahren wirken“, sagt Verbandschef Dr. Berthold Dietsche der „Ärzte Zeitung“. Der Verband hat daher 2012 das eigene Nachwuchsprogramm „Perspektive Hausarzt“ aufgelegt.

Die Zahl der Hausärzte in Baden-Württemberg ist nach Angaben des Versorgungsberichts 2019 der KV seit dem Jahr um 34 auf 7088 zurückgegangen. Allerdings führt das Zählen in die Irre, weil auch immer mehr Hausärzte Teilzeit arbeiten.

Aktuell entscheiden sich zwei von drei neuen Hausärzten für die Anstellung. In Versorgungsanteile umgerechnet, sind 210 Vollzeitstellen von Hausärzten seit 2013 verloren gegangen.

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