Krankenhäuser in Baden-Württemberg
Minister Lucha weist SPD-Forderungen zu Kliniken auf dem Land zurück
Die SPD im Südwesten schlägt wegen der drohenden Schließung kleinerer Kliniken Alarm und fordert mehr Geld vom Land. Der Gesundheitsminister weist Kritik zurück.
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SPD-Gesundheitsexperte Florian Wahl (SPD, l.) fordert mehr Geld vom Land für die Kliniken. Landesminister Manne Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) hält das für Populismus.
© Hannah Bichay / SPD (li) | Bernd Weißbrod / dpa / picture alliance (re)
Stuttgart. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hat Forderungen der Landes-SPD zum Erhalt von Kliniken auf dem Land zurückgewiesen und zum Gegenangriff ausgeholt.
Die SPD habe „jahrelang im Bund eine mutlose Gesundheitspolitik mitverantwortet, die sich nicht getraut hat, überfällige Strukturreformen bei der medizinischen Versorgung und deren Finanzierung anzupacken“, teilte Lucha am Samstag mit.
Die Partei solle sich im Bund lieber um eine solide Finanzierung der Krankenkassen kümmern, statt noch mehr Geld in teure und unnötige Strukturen stecken zu wollen.
SPD: Maximale Fahrzeit 30 Minuten
Zuvor hatte die oppositionelle SPD wegen der drohenden Schließung kleinerer Kliniken in Baden-Württemberg Alarm geschlagen. „Baden-Württemberg braucht eine flächendeckende Versorgung mit Krankenhäusern“, heißt es in einem Papier des SPD-Landesvorstands, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Auch in ländlichen Regionen müssten immer mindestens die Bereiche Innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie eine Basisnotfallversorgung rund um die Uhr zur Verfügung stehen. „Die entsprechenden Häuser sollen für die allermeisten Bürgerinnen und Bürger leicht erreichbar sein. Dabei ist eine maximale Pkw-Fahrzeit von 30 Minuten zu berücksichtigen.“
Die SPD fordert die grün-schwarze Koalition auf, ihre „Krankenhausschließungspolitik“ auszusetzen. „Die wirtschaftliche Situation von kleinen Krankenhäusern darf nicht mehr – gegen den Willen der Landkreise – der Anlass für Schließungen sein“, heißt es in dem Papier. Indem Grün-Schwarz den kleineren und wirtschaftlich ohnehin angeschlagenen Kliniken nicht mehr genügend Geld für Investitionen zur Verfügung stelle, trockne sie diese wirtschaftlich aus.
Lucha: Viele kleine Kliniken nicht überlebensfähig
Florian Wahl, zuständiger SPD-Gesundheitsexperte, schreibt: „Behandlungsplätze und Bettenzahlen müssen nach dem Bedarf und nicht am Kriterium der Gewinnmaximierung beziehungsweise der Defizitvermeidung ausgerichtet werden.“
Gesundheitsminister Lucha teilte mit, dass alle, die sich im Krankenhauswesen auch nur annähernd auskennen, wüssten, „dass das System nur überlebensfähig ist, wenn Standorte konzentriert und Kompetenzen gebündelt werden, ohne dass die medizinische Grundversorgung vor Ort leidet“.
Lucha ist sich sicher, dass viele kleine Krankenhäuser auf Dauer nicht mehr überlebensfähig sind. „Wir müssen hier grundsätzlich umdenken“, sagte eine Sprecherin.
Für die wohnortnahe medizinische Versorgung gebe es bessere Möglichkeiten als eine Vielzahl kleiner Krankenhäuser, zum Beispiel medizinische Versorgungszentren, in denen Ärzte und andere Therapeuten Hand in Hand arbeiteten. „Komplizierte Behandlungen erfolgen in größeren Kliniken, dort gehören sie zur Routine, dort ist die Erfahrung ungleich größer damit“, erklärte die Sprecherin.
SPD fordert höhere Investitionen in Krankenhäuser
Die SPD fordert, das Land müsse seine Mittel für Krankenhausinvestitionen von etwa 450 Millionen Euro für 2021 auf 750 Millionen Euro erhöhen. „Dabei geht es nicht nur um die Steigerung der Baukosten, sondern auch um die Berücksichtigung der Kosten für moderne Krankenhausstrukturen“, schreibt Wahl.
Darüber hinaus verlangt er einen „Notfallfonds zur Erhaltung regional notwendiger Krankenhäuser“. Dieser Fonds müsse mit jährlich 100 Millionen Euro gefüllt werden, um wichtige Kliniken in wirtschaftlichen Notlagen für einen begrenzten Zeitraum von maximal fünf Jahren zu unterstützen. Die Forderung nach mehr Geld vom Land bezeichnete Lucha als populistisch. (dpa)