Kommentar zu Corona-Impfungen im Saarland
Praxisärzte sind für Politik nur noch eine quantité négligeable
Seit über einem Jahr kommt Ärzten und ihren Praxisteams beim Kampf gegen die Pandemie eine Schlüsselrolle zu. Der Umgang mit ihnen spiegelt das nicht wider.
Veröffentlicht:Spielen Hausärztinnen und Hausärzte für die großen oder noch großen Parteien als Wahl-Klientel keine Rolle mehr? Diesen Eindruck könnte man bekommen, wenn man sich ansieht, wie mit ihnen in der Pandemie umgegangen wird. Sicher: in ihren Reden vergessen Politiker nie, die Leistungen der braven Doctores über den Klee zu loben. Wenn es aber ans Verteilen geht, müssen sie sich hintanstellen. Der Vergleich der Vergütung von Impfung einschließlich Aufklärung und dem Ausstellen eines Formulars ist dabei ein ebenso beredtes wie skandalöses Beispiel. Die angekündigte Korrektur zu Lasten der Apotheken stellt Ärzte leider nicht besser.
Tendenz zur Geringschätzung
Die Tendenz zur de-facto-Geringschätzung gilt auch im nicht-monetären Bereich. So wurden und werden die beliebten BioNTech-Vakzine in den Zentren massenhaft, mit annähernd sicheren Mengen und auch an AstraZeneca-geeignete Menschen verimpft. Die Praxen dürfen sich dafür weiterhin mit unangenehmen Diskussionen und unsicheren Lieferungen herumschlagen.
Derartige Muster neigen dazu, sich zu verfestigen. So kann man auch im Saarland bei den maßgeblichen Politikern wenig Ehrgeiz erkennen, sich rechtzeitig von teuren und geliebten, aber möglicherweise überdimensionierten oder überlebten Strukturen zu trennen. Auch ohne prophetische Gaben kann man das für die gewaltige Test-Infrastruktur ebenso vorhersagen wie für die prestigeträchtigen Impfzentren - auch wenn in den Praxen schon jetzt mehr und preiswerter geimpft wird als in den teuren Großeinrichtungen, und das trotz der angesprochenen Hemmnisse.
Politische Unterstützung? Fehlanzeige!
Das Licht der Scheinwerfer richtet sich aber oft auf Nebenbühnen. Jede durchaus gut gemeinte, wenn auch manchmal wenig sinnvolle Sonderaktion, bei der Lokal- oder Regionalpolitik ihre Bürgernähe demonstrieren kann, darf auf öffentlichkeitswirksame Unterstützung hoffen.
Ach ja, ist eigentlich in Ihrer Praxis schon mal ein Bürgermeister, Abgeordneter oder Beauftragter vorbeigekommen und hat Ihren Angestellten persönlich gedankt? Wäre doch auch mal eine Idee, statt mit Fotograf ein Impfzentrum zu besuchen. Und umsonst wäre es auch, monetär wie PR-mäßig. Genau deshalb bleibt das wohl ein Traum.
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