Immer mehr Pflegebedürftige

Thüringen benötigt bis 2035 15.000 zusätzliche Ärzte und Pflegekräfte

In den kommenden zehn Jahren verliert Thüringen ein Fünftel seiner Erwerbstätigen. Zugleich werde die Zahl der auf Pflege angewiesenen Menschen weiter steigen, so die Prognosen des Statistischen Landesamtes.

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Der Bedarf an Pflegekräften in Thüringen wird in den kommenden Jahren weiter steigen.

Der Bedarf an Pflegekräften in Thüringen wird in den kommenden Jahren weiter steigen.

© Uwe Umstätter / Westend61 / picture alliance

Erfurt. In Thüringen werden nach Angaben von Landesgesundheitsministerin Heike Werner (Linke) von Montag in den nächsten zehn Jahren rund zusätzliche 15.000 Ärzte und Pflegekräfte benötigt.

Grund sei die Bevölkerungsentwicklung, die dazu führe, dass immer weniger erwerbstätige Menschen eine immer älter werdende Bevölkerung versorgen müsse. Bis 2035 verliere Thüringen nach Prognosen ein Fünftel der derzeit Erwerbstätigen, das treffe auch die Pflege. Zugleich werde die Zahl der auf Pflege angewiesenen Menschen weiter steigen.

Nach einer Prognose des Statistischen Landesamtes vom Januar werden im Jahr 2042 rund 211.000 Pflegebedürftige in Thüringen leben. Das entspricht einem Anstieg von 27 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Bei einer prognostizierten Einwohnerzahl von nur noch rund 1,92 Millionen Menschen wäre damit etwa ein Zehntel der Bevölkerung auf Pflege angewiesen.

Rund 33.000 Menschen benötigen dann der Prognose Heimpflege, 49.900 einen Pflegedienst. 128.200 werden dann voraussichtlich Pflegegeld erhalten, das zur häuslichen Pflege durch Angehörige, Freunde oder andere Ehrenamtler eingesetzt werden kann.

Zuwanderung ist dringend notwendig

Angesichts dieser Zahlen sei Thüringen dringend auf Zuwanderung von Pflegekräften angewiesen, so Werner. Bereits jetzt seien 2.600 ausländische Pflegekräfte in Thüringer Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen tätig. „Ohne sie wäre die Pflege in Thüringen gar nicht mehr zu bewältigen.“

Zur Einordnung: Allein in der Altenpflege sind insgesamt mehr als 35.000 Menschen beschäftigt (Stand Ende 2021). Thüringen wirbt seit Jahren gezielt Pflege-Auszubildende aus Vietnam an, nun soll auch ein Pilotprojekt mit El Salvador starten.

Koordiniert vom Land, hätten Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen Ausbildungsverträge mit 13 jungen Menschen aus dem lateinamerikanischen Land geschlossen. Die ersten werden im September in Thüringen erwartet.

Angesichts der Prognosen für die Landtagswahl am Sonntag, die von etwa 30 Prozent der Stimmen für die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Thüringer AfD um ihren Rechtsaußen Björn Höcke ausgehen, schwingen bei der Ministerin Sorgen mit: „Jetzt brauchen wir natürlich eine Atmosphäre und eine Willkommenskultur, in der sich junge Menschen mit fremder Sprache und anderer Hautfarbe auch wohlfühlen.“

In Thüringen erhalten Betriebe und Einrichtungen, die ausländische Pflegekräfte ausbilden, einen Zuschuss von 5.000 Euro pro Ausbildungsplatz vom Land.

Hoffnung ruhen auf Pflege-Ausbildungsreform

Hoffnungen setzt die Ministerin weiterhin in den Effekt der Pflege-Ausbildungsreform – trotz ziemlich ernüchternder Ergebnisse des ersten kompletten Ausbildungsjahrgangs. Von den rund 1.500 Azubis, die 2020 die generalistische Pflegeausbildung begonnen hatten, kam jeder zweite nicht durch. 889 beendeten sie 2023 erfolgreich.

Die Ausbildung sei mit der Reform deutlich anspruchsvoller geworden, nennt das Ministerium als einen Grund für die hohe Abbrecherquote. Zudem sei der erste Ausbildungsjahrgang voll von der Corona-Pandemie erwischt worden. Bei ausländischen Azubis hätten auch sprachliche Hürden eine Rolle gespielt.

Das Land Thüringen arbeitet derzeit an einem Pflegeentwicklungsplan. Es sieht neben der Stärkung der Ausbildung auch den Einsatz von Pflegelotsen in Betrieben sowie ehrenamtlichen Nachbarschaftshelfern vor, die Familien bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger unterstützen.

Dafür können sie eine Aufwandsentschädigung von den Pflegekassen erhalten. Voraussetzung ist eine offizielle Registrierung bei den Kassen, für die die Helfer vorab eine Schulung absolvieren müssen. Problem sei, das es noch nicht genügend Kursangebote der Kassen gebe, so Werner.

Bis vorerst zum Jahresende gilt deshalb eine Übergangslösung, nach der sich die Helfer vorerst ohne Schulung registrieren lassen können, diese aber nachholen müssen. Werner deutete an, dass die Übergangsfrist gegebenenfalls um ein halbes Jahr verlängert werde. (zei)

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