Krebs

Ein kleiner Brite beschäftigt die Nation

Ashya ist fünf Jahre alt und krebskrank. Seine Eltern haben ihn ohne Erlaubnis der Ärzte aus Großbritannien in eine spanische Klinik gebracht. Sie glauben, dass er dort besser versorgt wird. Ein Fall, der für Schlagzeilen sorgt.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Das Maternity Hospital in Malaga: Hier wird der fünfjährige Ashya King aus Großbritannien derzeit behandelt.

Das Maternity Hospital in Malaga: Hier wird der fünfjährige Ashya King aus Großbritannien derzeit behandelt.

© Diaz/dpa

LONDON. Ein krebskrankes Kind, dem in Großbritannien nach Aussage seiner Eltern eine teure Protonen-Strahlentherapie verweigert wird, "obwohl diese lebensrettend sein könnte", kann zunächst weiter in einer spanischen Klinik fachärztlich versorgt werden.

Der Fall des fünfjährigen Jungen hat in Großbritannien eine Ethikdebatte losgetreten, welche Therapien in Zeiten der Finanzknappheit erstattungsfähig sein sollten und welche nicht.

Ashya King leidet an einem Medulloblastom. Onkologen im südenglischen Southampton, dem Heimatort der Familie King, entschieden nach umfassender Untersuchung, der Fünfjährige sollte mit Radio- und Chemotherapie behandelt werden.

Die von den Eltern des Kindes vorgeschlagene Protonen-Strahlentherapie komme dagegen nicht infrage, da diese in Ashyas Fall "unterdurchschnittlich schlechte Erfolgschancen" habe. Das bestreiten die Eltern.

Keine ärztliche Einwilligung

Um ihr Kind, wie sie sagen, "optimal onkologisch versorgen" zu lassen, reisten sie ohne Einwilligung der behandelnden britischen Fachärzte nach Spanien. In einem Krankenhaus in Malaga wird der Fünfjährige derzeit therapiert, allerdings nicht mit der von den Eltern erstrebten Protonen-Strahlentherapie.

Zwischenzeitlich wurden die Eltern, die Zeugen Jehovas sind, von der spanischen Polizei verhaftet. Ihnen wurde zunächst vorgeworfen, durch die Entlassung des Kindes aus der fachärztlichen Obhut in Southampton das Leben des Fünfjährigen unmittelbar gefährdet zu haben.

Dieser Vorwurf wurde inzwischen entkräftet. Die Staatsanwaltschaft hob einen internationalen Haftbefehl gegen die Eltern wegen möglicher Kindesvernachlässigung auf. Das Ehepaar und ihr Sohn genossen in Großbritannien viel Sympathie und Verständnis. Eine Petition gegen den Haftbefehl war von 130.000 Menschen unterschrieben worden.

Der staatliche britische Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) bietet Krebspatienten bislang keine Protonen-Strahlentherapie an, da diese nicht nachweislich kosteneffizient sei.

Allerdings reisen nach Angaben des Londoner Gesundheitsministeriums jährlich rund 100 britische Krebspatienten ins Ausland, um dort mit Protonen bestrahlt zu werden. Die Kosten dafür werden vom NHS übernommen.

Was soll der Staat bezahlen?

Der Fall des fünfjährigen Ashya King wirft nach Ansicht gesundheitspolitischer Beobachter grundsätzliche ethische Fragen auf. Eine davon lautet: Haben Eltern tatsächlich das Recht, ihr schwerkrankes Kind gegen den Willen der behandelnden Ärzte aus dem Krankenhaus zu holen, auch wenn dies das Leben des Kindes gefährden könnte?

Eine andere Frage, die derzeit lebhaft diskutiert wird lautet: Welche Therapien sollten vom Staat in Zeiten des knappen Geldes noch kostenerstattet werden? Eine Antwort darauf steht bislang noch aus.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 04.09.201417:20 Uhr

Verbale Rundumschläge in Kommentaren ...

und undifferenzierte Kritik an Allem, Jedem und Nichts helfen hier wirklich nicht weiter.

Tatsache ist, dass "Zeugen Jehovas" wie auch andere religiöse Minderheiten dazu neigen, Medizin, Medien und Öffentlichkeit für ihre Zwecke oder Überzeugungen zu instrumentalisieren. Bei allem Respekt vor religiöser Meinungsfreiheit darf dabei das Kindeswohl bzw. Rechte von Kindern auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit oder a d ä q u a t e Krankheitsbehandlung nicht ignoriert bzw. übergangen werden. Da müssen z. B. Vorbehalte gegen Bluttransfusionen oder Fremdzelltransplantationen zurückstehen.

Genau d a s ist beim krebskranken 5-jährigen Ashya der Fall. Eine beim kindlichen Medulloblastom völlig angemessene Empfehlung von Onkologen wurde ignoriert, obwohl gerade im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) die Entscheidung zur Radio- Chemo- oder Chirurgie-Therapie im krassen Gegensatz zu den USA gerade n i c h t von Kapitalinteressen geleitet ist.

Dennoch haben die Eltern sich mit ihrem schwer kranken Kind ins Maternity Hospital nach Malaga/Spanien abgesetzt. Hier wird der fünfjährige Ashya King aus Großbritannien derzeit behandelt. Eine Entscheidung, die ich aus ärztlicher Sicht akzeptieren könnte. Wenn nicht damit zugleich eine unerträgliche Hetzkampagne gegen den NHS, die behandelnden Pädiater, das britische NICE-Institut und gegen Ärzte bzw. Gesundheitspolitiker schlechthin los getreten worden wäre.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Wolfgang P. Bayerl 04.09.201411:24 Uhr

für einen Arzt kann es nur eine Antwort geben.

Solange noch politische und mediale WERBUNG für teure Kriege, die NIEMAND möchte, mit massenhaft Ziviltoten und Millionen Flüchtlingen gibt, darf man auch etwas für medizinische Fortschritt investieren.
Der Unterschied ist der Selbstzahler in USA und der GKV-Kassenpatient bei uns.
Also eine Frage der gesellschaftlichen Solidarität.
Für den Eingeweihten ist es kein Geheimnis, dass der medizinische Fortschritt bei uns durch "Kostenträger" eher behindert wird, in der Regel reflexartig, auch ohne seriöse ökonomische Kalkulation.
So wurde und wird eine offene Cholecystektomie in Deutschland ("mit Messer und Gabel") merkwürdigerweise BESSER honoriert, als eine endoskopische (teures high-tech-Instrumetarium) ! In Finland ist das umgekehrt.
Es ist bekannt dass gerade teure aber effektive Bestrahlungsgeräte von Deutschen Herstellern nur für den Export (USA) produziert werden, weil sie hier der "Staat" nicht genehmigt.

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