1. Preis Charity Award 2024
Verein kämpft gegen Stigmatisierung von jungen und psychisch kranken Menschen
Sie werden stigmatisiert und stehen im Abseits: Junge Menschen mit psychischen Erkrankungen fühlen sich im Stich gelassen. Der Verein „Irrsinnig Menschlich“ hilft erfolgreich mit Konzepten, die den Betroffenen eine neue Lebensperspektive bieten. Für seine Arbeit ist der Verein nun mit dem 1. Preis der Springer Charity Awards geehrt worden.
Veröffentlicht:Berlin. Der Verein „Irrsinnig Menschlich e.V.“ wurde im Jahr 2000 in Leipzig gegründet und setzt sich seither gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ein. Die Organisation bietet Präventionsangebote zur Förderung der psychischen Gesundheit für junge Menschen an. Der Verein ist sektorübergreifend in den Bereichen Bildung und Gesundheit tätig. Gemeinsam mit krisenerfahrenen Expertinnen und Experten unterstützt er junge Menschen dabei, frühzeitig ihre Not zu erkennen und Hilfe anzunehmen.
Für dieses Engagement wurde der Verein am Donnerstagabend im Rahmen der Springer Galenus-Gala mit dem ersten Preis der Springer Charity Awards ausgezeichnet.
Psychische Erkrankungen treten oft bereits im Jugendalter auf. Leider vergehen häufig mehrere Jahre, bevor die Betroffenen Hilfe in Anspruch nehmen. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist das Stigma, das auf psychischen Erkrankungen und den davon betroffenen Menschen lastet. Vor allem jungen Menschen fällt es schwer, ihre Angst zu überwinden und sich einzugestehen, dass sie Unterstützung benötigen.
Dabei sei die größte Hürde das „Selbst-Stigma“, wie Caroline Lyle, Mit-Geschäftsführerin von „Irrsinnig Menschlich e.V.“ bei der Preisverleihung sagte. „Junge Menschen haben viel mehr Angst davor, ausgeschlossen zu werden, als Erwachsene.“ Zu Bedenken sei aber auch, dass gerade Kinder sehr intensiv wahrnähmen, worüber Erwachsene eben nicht sprechen. Stigmatisierung findet also häufig unterschwellig statt.
Problematisch sind zudem Soziale Medien: Die aktuellen Krisen seien für Kinder und Jugendliche dadurch sozusagen „live“ übers Smartphone erlebbar, erläuterte Nora Lucaciu, ebenfalls Geschäftsführerin des Vereins. „Dadurch fühlen sich Krisen sehr nah und mit dem eigenen Leben verbunden an.“ Die jüngeren Generationen bekämen dadurch außerdem das Gefühl, dass sie es schwieriger als ältere Generationen hätten.
Es geht darum, Mut zu machen
Der wirksamste Weg zur Überwindung von Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung ist daher die Kombination aus Information, Aufklärung und Kontakt zu anderen Betroffenen. Und genau dort setzt Irrsinnig Menschlich e.V. an: Der Verein thematisiert psychische Krisen, fördert die frühzeitige Erkennung und Akzeptanz von Unterstützung und adressiert damit eine bedeutende gesellschaftliche Herausforderung, die junge Menschen (8 bis 25 Jahre), ihre Lehrkräfte und ihre Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betrifft.
Seit 2001 leistet Irrsinnig Menschlich mit seinem Programm „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule“ Pionierarbeit. Das Programm wurde mehrfach für gelungene und etablierte Prävention und Gesundheitsförderung ausgezeichnet. Schüler und ihre Lehrkräfte machen bei diesem eintägigen Programm lebendige und authentische Erfahrungen, die Mut machen, Schwierigkeiten zu überwinden und die Gemeinschaft zu stärken.
Als Tandem unterwegs
„Irrsinnig Menschlich“ arbeitet bei seinen Einsätzen stets in Tandems, bestehend aus fachlichen Expertinnen und Experten der Bereiche Prävention, Gesundheitsförderung und psychosoziale Versorgung sowie Expertinnen und Experten mit eigenen, persönlichen Krisenerfahrungen.
So wird das Thema seelische Gesundheit einerseits fachlich begleitet und bleibt andererseits greifbar, was zur Normalisierung der Thematik beiträgt. Zudem vernetzt der Verein Schulen und andere Bildungseinrichtungen mit regionalen Unterstützungsnetzwerken.
Springer Medizin Gala 2024
Die Preisverleihung des Galenus-von-Pergamon-Preises und des Springer Medizin Charity Awards in Bildern: Impressionen der Springer Medizin Gala 2024.
Historisch gesehen wächst jede Generation während (drohender) Krisen auf, sagt Manuela Richter-Werling, die „Irrsinnig Menschlich“ gegründet hat „Wir sind überzeugt, dass Menschen seltener depressiv werden, wenn sie Gefahren gemeinsam begegnen. Sie entwickeln eher Depressionen und Ängste, wenn sie sich isoliert fühlen, abgeschnitten, einsam und nutzlos“, sagt sie, und verknüpft diese Erfahrung mit einer klaren Botschaft: „Ein gutes Lebensgefühl entsteht immer dann, wenn wir alle das Leben im Hier und Jetzt mitgestalten können!“
Der erste Preis der Charity Awards ist mit 30.000 Euro und einem zusätzlichen Medienpaket dotiert. Geld, das der Verein gut gebrauchen könne, wie Lyle sagte. „Am Jahresende haben wir immer ein Haushaltsloch.“ An diesem Donnerstagabend würden sie und Nora Lucaciu sich aber die Hotelübernachtung sparen und direkt nach Leipzig zurückfahren. „Mit dem eingesparten Hotelgeld organisieren wir dann ein Team-Essen im Verein“, sagte sie. (eb)