Homöopathie

1,20 Euro für die Globuli

Homöopathie wirkt: Sie löst Adrenalinschübe bei EBM-Verfechtern aus. Die Kosten rechtfertigen das nicht.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Die drei Todesfälle in einer niederrheinischen Heilpraktiker-Praxis haben - losgelöst von den Fakten des Falls - eine Debatte um die Erstattung von homöopathischen Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgelöst (die "Ärzte Zeitung" berichtete in ihrer App-Ausgabe). Unter anderem beteiligt: der GBA-Vorsitzende Professor Josef Hecken, der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen, die Industrieverbände BAH und BPI sowie naturgemäß der Zentralverband der Homöopathen. Therapiefreiheit fordern die einen, Beschränkung der GKV-Leistungen auf solche mit nachgewiesener Wirkung die anderen. Ein Faktencheck zeigt jedoch: Es ist ein Sturm im Wasserglas.

In der Tat erlaubt der Gesetzgeber den Krankenkassen, in ihren Satzungen grundsätzlich ausgeschlossene rezeptfreie Arzneimittel zu erstatten. Davon machen viele Krankenkassen - aus Wettbewerbsgründen - Gebrauch, vor allem zugunsten von Homöopathika. Tatsächlich sind die Kosten dafür aber eher bescheiden, wie aus der Publikation "Arzneimittelmarkt in Deutschland 2015" des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller hervorgeht: Auf Rezept verordneten Ärzte im vergangenen Jahr etwas mehr als acht Millionen Packungen homöopathischer Arzneimittel, der Umsatz zu Apothekenverkaufspreisen belief sich auf 100 Millionen Euro, einschließlich privater Krankenversicherung. Das belastet die Versichertengemeinschaft demzufolge mit weniger als 1,20 Euro pro Kopf und Jahr.

Weitaus größer ist die Bereitschaft der Bürger, für Homöopathika in die eigene Tasche zu greifen: Denn insgesamt setzen Apotheken und Versandhandel knapp 600 Millionen Euro mit diesen Arzneimitteln um. Zieht man den Verordnungsanteil von 100 Millionen Euro ab, so verbleiben fast 500 Millionen Euro, die Patienten im Wege der Selbstmedikation eigenverantwortlich ausgeben.

Das ist zwar - gemessen am Gesamtmarkt für Selbstmedikation mit einem Volumen von über 6,4 Milliarden Euro - ein nur kleiner Anteil von sieben Prozent. Aber ein Teilmarkt mit beachtlicher Dynamik: plus 11,8 Prozent in Apotheken, plus 18,6 Prozent im Versandhandel. Und überdies ein Markt, in dem Preiserhöhungen statthaft sind, weil das gesetzliche Preismoratorium hier nicht gilt.

Zur Einordnung interessant: Der gesamte Apothekenumsatz für Arzneimittel einschließlich Patientenzuzahlung (ohne Berücksichtigung gesetzlicher Rabatte) beträgt 53,6 Milliarden Euro.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Homöopathische Dosis

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Arzneien für Gewichtsverlust

Medikamentöse Maßnahmen bei Adipositas im Check

Kolumne „Aufgerollt“ – No. 24

Der anrüchige Spatenstich

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

Lesetipps
Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert