WIdO-Auswertung
Gesundheitsberufe am stärksten von Long- oder Post-COVID betroffen
Wer an Long- oder Post-COVID erkrankt, fehlt im Schnitt sieben Wochen im Job. Die Erkrankungsraten variieren stark nach Altersgruppe und Beruf. Zudem verweist das WIdO auf statistische Unschärfen.
Veröffentlicht:Berlin. Nach einer akuten COVID-19-Erkrankung haben 3,8 Prozent der erwerbstätigen AOK-Versicherten seit Pandemiebeginn eine Long- oder Post-COVID-Symptomatik entwickelt und waren arbeitsunfähig (0,9 Prozent aller beschäftigten AOK-Versicherten).
Eine akute Erkrankung am Coronavirus geht mit durchschnittlich 9,5 AU-Tagen einher. Bei Beschäftigten mit Long- oder Post-COVID-Symptomen sind es dagegen im Schnitt sieben Wochen, hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) nach einer Auswertung am Mittwoch mitgeteilt.
Seit Beginn der Pandemie im März 2020 sei mehr als jeder fünfte erwerbstätige AOK-Versicherte (22,5 Prozent) von einer akuten COVID-19-Infektion betroffen gewesen und habe im Job gefehlt (siehe nachfolgende Grafik). Bei den 68.000 Beschäftigten mit langfristigen Komplikationen nach einer Infektion habe die AU-Zeit hingegen im Schnitt 47,4 Tage betragen, berichtete das WIdO.
Der Anteil der von Post- oder Long-COVID-Symptomen Betroffenen hat sich allerdings im Verlauf der Pandemie deutlich verändert. In der Phase, in der die Delta-Variante dominierte (Oktober bis Dezember 2021), wurden 6,3 Prozent der insgesamt mit einer Infektion Erkrankten wegen Long- oder Post-COVID krankgeschrieben.
AU-Dauer ist mit der Omikron-Welle gesunken
In der Omikron-Welle traf dies noch auf 2,1 Prozent der insgesamt 782.000 akut am Coronavirus Erkrankten zu. Die Zahl der durchschnittlichen Ausfalltage addierte sich in der Delta-Phase der Pandemie auf 44,6 – in der Omikron-Phase waren es mit 39,6 AU-Tagen etwas weniger.
Die WIdO-Auswertung lässt erkennen, wie stark ein längerer Arbeitsausfall vom Alter abhängt. Bei den über 60-Jährigen waren nach einer akuten COVID-Erkrankung 1,4 Prozent der AOK-versicherten Erwerbstätigen längerfristig arbeitsunfähig. In der Gruppe der unter 29-Jährigen galt dies nur für 0,3 Prozent der Erkrankten.
Auch bei der Länge der AU-Phase zeigen sich große Unterschiede. Betroffene im Alter bis zu 29 Jahren fielen mit Long- und Post-COVID-Symptomatik im Schnitt 31,8 Tage im Beruf aus. Bei den über 60-Jährigen waren es dagegen durchschnittlich 55,7 Tage (siehe nachfolgende Grafik).
Pflege bei Long-COVID-Quote an der Spitze
Bei den Berufsgruppen, deren Angehörige nach einer Infektion besonders häufig von langfristigen Erkrankungssymptomen betroffen waren, nehmen Berufe der Gesundheits- und Krankenpflege mit 6,6 Prozent einen Spitzenplatz ein. Untersuchungszeitraum war hier März 2020 bis Juli 2022. Fast gleich hoch ist mit 6,4 Prozent der Wert in der Altenpflege.
Bei Berufen in der Kinderbetreuung und -erziehung wurden bei fünf Prozent der nach einer Infektion Erkrankten Post- und COVID-Symptome registriert. Deutlich niedriger fallen dagegen die Erkrankungsraten bei Post- und Long-COVID beispielsweise bei Büro- und Sekretariatskräften (3,1 Prozent) oder im Maschinenbau (3,4 Prozent) aus.
Long-/Post-COVID ohne vorherige AU wegen Infektion
Ausschlaggebend sei dafür zum einen der Anteil akuter COVID-Infektionen in der jeweiligen Berufsgruppe. „Zum anderen spielen die Alters- und Geschlechtsstruktur sowie die Verteilung der Risiken für Vor- und Folgeerkrankungen in einzelnen Berufsgruppen eine zentrale Rolle“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.
Eingegangen in die Analyse sind nach Mitteilung des Instituts nur Versicherte, bei denen vor einer dokumentierten Long- oder Post-COVID-Symptomatik eine AU-Meldung im Zusammenhang mit einer COVID-Infektion erfolgt ist. Bei 29 Prozent der betroffenen Beschäftigten mit langfristigen Erkrankungssymptomen (rund 28.000 Personen) war eine vorhergehende Krankmeldung wegen einer Infektion dagegen nicht gegeben.
Hierfür könne es viele Erklärungsansätze geben, so das WIdO: etwa falsch-negative Testergebnisse, symptomfreie Akuterkrankungen, Akuterkrankungen mit weniger als drei AU-Tagen, heterogene Dokumentation bei Ärzten oder das „eher unscharf definierte Erkrankungsbild“. (fst)