Medikamentensicherheit

"Aktion von Viactiv hat verunsichert"

Eine Briefaktion der Betriebskrankenkasse Viactiv zur Medikamentensicherheit sorgt für Aufregung. Patienten reagieren irritiert und sorgen sich um Datensicherheit.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Eine Briefaktion sorgt für Bedenken über Datenschutz.

Eine Briefaktion sorgt für Bedenken über Datenschutz.

© Özgür Donmaz / iStock / Thinkstock

KÖLN. Ein Vorstoß der Betriebskrankenkasse Viactiv, um die Verordnungssicherheit bei älteren Versicherten zu erhöhen, ist bei niedergelassenen Ärzten auf eine gemischte Reaktion gestoßen.

Die in Bochum ansässige Kasse mit rund 730.000 Versicherten – die ehemalige "BKK vor Ort" – hatte Versicherte ab einem Alter von 65 Jahren angeschrieben, wenn sie Arzneimittel erhielten, die auf der Priscus-Liste stehen. Die Versicherten wurden aufgefordert, mit der Gesamtübersicht über alle verordneten Medikamente zum behandelnden Arzt zu gehen und sich mit ihm über das Thema möglicher Unverträglichkeiten und Wechselwirkungen zu unterhalten.

Darüber hinaus sollten die Patienten den Arzt auch über die Einnahme von OTC-Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln informieren, empfiehlt die BKK Viactiv.

Zwei Patienten der Internistin Elke Harbisch aus Solingen waren der Aufforderung nachgekommen. Die Aktion der Kasse habe die Patienten sehr verunsichert, berichtet Harbisch. "Sie waren in Sorge darüber, was mit ihren Daten passiert." Auch Harbisch selbst fand die Aktion der BKK Viactiv merkwürdig. Was sie aber besonders stört, ist die Tatsache, dass bei der Auflistung der Arzneimittel offensichtlich etwas falsch gelaufen ist.

Tauchen Fehler in der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf?

"Ein Präparat sollte ein Kollege aus Wiesbaden verordnet haben, den der Patient überhaupt nicht kannte", sagt sie. Die Sorge der Internistin: Solche Fehler können für die verordnenden Ärzte negative Folgen haben, etwa bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Diese Befürchtung sei unbegründet, betont Dietrich Hilje, Sprecher der BKK Viactiv. "Kein Arzt muss befürchten, dass die Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Rolle spielen könnten."

Bei der Datenaufbereitung habe es tatsächlich eine kleine Panne gegeben. Sie sei aber schnell behoben worden und habe nur wenige Versicherte betroffen, so der Sprecher. "Die Fehlerquote liegt in einem sehr niedrigen Bereich", sagt Hilje.

Die Information der Versicherten über ihre Medikation hat im November 2016 begonnen, für eine Auswertung ist es nach seinen Angaben noch zu früh. Von den niedergelassenen Ärzten gebe es sehr unterschiedliche Rückmeldungen. Manche hätten sehr positiv reagiert und es begrüßt, dass die BKK Viactiv die älteren Patienten auf das sensible Thema hingewiesen habe.

"Andere sehen unser Vorgehen als Eingriff in die Therapie- und Verordnungsfreiheit", berichtet Hilje. Das sei aber nicht das Ziel der Kasse. Es gehe ausschließlich um die Information der Versicherten, sagt er.

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Kommentare
Henning Fischer 16.01.201716:14 Uhr

zumindest erkennen die Patienten damit, wie gläsern sie bereits sind


und wir Ärzte erkennen mal wieder, wie mißtrauisch und negativ die Kassen uns gegenüber eingestellt sind.

Warum hat die Kasse die Versicherten und nicht die Hausärzte bzw. Verschreibenden über mögliche Risiken informiert ???????????

Rudolf Hege 16.01.201715:10 Uhr

Sehr sinnvoll....

Leider gibt es ja immer noch keine zentrale Erfassung aller Verordnungen (Gesundheitskarte). Die Praxis zeigt, dass - gerade ältere - Patienten mit vielen Medikamenten versorgt werden. Gerade "schwierige" Fälle werden dann mit einer neuen Verordnung "zufriedengestellt". Kleines Beispiel, kürzlich in meiner Praxis so aufgetaucht: 81-jährige Patientin mit 18 verschiedenen Medikamenten (darunter 3 Psychopharmaka, Lyrica und ein Opiat.), sowie die üblichen Antihypertonika, PPIs usw. Klar, sie gehört zum Typ "Jammerer" - und ich kann mir gut vorstellen, wie die vielen Verordnungen entstanden sind... (In erster Linie hatte die Frau aber Depressionen..)

Ob der Hausarzt überhaupt darüber informiert ist, was sie alles so nimmt, ist fraglich. Vielleicht will er es aber auch gar nicht so genau wissen, weil sie ihm sonst wieder die Ohren volljammert.

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