Deutsche Einheit

Alles im Lot bei der Gesundheitsversorgung?

Der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2018 verrät viel über Unterschiede und Angleichung – bei der Gesundheitsversorgung allerdings bleibt manches nebulös.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Brandenburger Tor, Symbol der Einheit. 28 Jahre nach dem Mauerfall gibt es zwischen Ost und West noch große Unterschiede.

Brandenburger Tor, Symbol der Einheit. 28 Jahre nach dem Mauerfall gibt es zwischen Ost und West noch große Unterschiede.

© pictureimpressions / iStock / Thinkstock

BERLIN. Wer sich im neuen "Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit" informieren will, wie es denn aussieht mit der Angleichung der Gesundheitsversorgung in den alten und neuen Bundesländern, der muss auf wenigen Seiten schon genau die Passagen suchen, in denen die Ost-West-Unterschiede tatsächlich ein wenig differenzierter dargestellt werden.

Überwiegend werden Wohltaten erläutert, die den Deutschen in Ost und West gleichermaßen zugutegekommen sind oder noch kommen sollen.

Mit Blick auf den Innovationsfonds etwa liest sich das so: "(...) geförderte Projekte werden in allen Bundesländern durchgeführt, sodass auch die Patientinnen und Patienten in den neuen Bundesländern davon profitieren".

Immerhin weist der Bericht in diesem Zusammenhang auf das Projekt "Land Rettung" im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern hin. Dort werde eine notfallmedizinische Neuausrichtung erprobt und evaluiert, "die die Besonderheiten in dünn besiedelten Gebieten berücksichtigt".

Lebenserwartung gleicht sich an

Gleichwohl enthält die Analyse manche für die gesundheitspolitische Debatte nicht unwichtige Details. So hat sich etwa die geschlechtsspezifische Lebenserwartung zwischen Ost und West weiter angenähert.

Frauen leben in beiden Regionen Deutschlands mittlerweile gleich lang (alte Länder 83,19 Jahre, neue Länder 83,25 Jahre). Bei den Männern werden die Unterschiede deutlicher: alte Länder 78,57 Jahre, neue Länder 77,23 Jahre.

Der Anfang der 1990er-Jahre erfolgte, teilweise "dramatische Rückgang" der Kinderzahl sowie die damals starke Abwanderung vor allem junger, gut qualifizierter Menschen habe langfristige Nachwirkungen, erläuterte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wirtschafts-Staatssekretär Christian Hirte.

Trotz eines Anstiegs der Geburtenrate nehme die Einwohnerzahl, insbesondere die Zahl der Erwerbsfähigen, weiter ab. Die Alterung schreite schneller voran als in den westdeutschen Ländern. "Das beeinflusst die Angleichung der Wirtschaftskraft und der Lebensverhältnisse auf vielfältige Weise."

Die Bundesregierung wolle weiter daran arbeiten, vorhandene Strukturschwächen im Osten abzubauen. Unterschiede gibt es immer noch bei den Löhnen – und das zeigt sich zum Beispiel beim Pflegemindestlohn.

Auch wenn es mit der Lohnerhöhung zum 1. Januar 2018 immer noch keine Angleichung gegeben habe, so sei immerhin die Steigerung in den neuen Ländern (von 9,50 Euro auf 10,05 Euro) höher ausgefallen als in den alten Ländern. (10,20, jetzt 10,55 Euro), heißt es in dem Bericht .

Nicht nur ein Problemfall

Hirte kritisiert, die ostdeutschen Bundesländer würden ausschließlich als Problemfall betrachtet. "Das ist ärgerlich, weil es den Alltag und die Lebenswirklichkeit der Menschen verzerrt widerspiegelt", sagt er.

Seine Zwischenbilanz: Seit der Wiedervereinigung hätten sich Ost- und Westdeutschland kontinuierlich aufeinander zu bewegt und die Angleichung der Lebensverhältnisse seien weit vorangeschritten. Dies zeige sich vor allem bei der Infrastruktur, in Städten und Dörfern, der Umwelt und der Gesundheitsversorgung.

Die Arbeitslosigkeit im Osten befindet sich auf einem historischen Tiefstand; die Tariflöhne sind mit 98 Prozent des Westniveaus fast angeglichen und die Angleichung der Renten in Ost und West wird bis 2024 vollzogen sein.

Ziel der Bundesregierung sind gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Das Bundeskabinett hat dazu am Mittwoch eine Kommission eingesetzt. Dabei solle es auch um Demokratieförderung gehen, sagte Familienministerin Franziska Giffey.

Es sei wichtig, dass die Kommission nicht nur Infrastruktur und Daseinsvorsorge in den Blick nehme, sondern auch die "Stellen in unserem Land, wo die Demokratie in Gefahr ist", sagte die SPD-Politikerin.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kommentar: Dürrer Einheitsbericht

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