Physiotherapie
"Arzt muss Dauer bestimmen"
Baden-Württembergs KV-Chef Metke sieht sich als Verfechter der Blankoverordnung durch Heilmittelerbringer. Nur dürfe Ärzten nicht die Kontrolle über die Dauer der Therapie genommen werden, fordert er.
Veröffentlicht:STUTTGART. Die KV Baden-Württemberg begrüßt die stärkere Einbindung von Physiotherapeuten in der Versorgungskette, stellt aber Bedingungen.
Hintergrund sind die vom Gesetzgeber vorgesehenen Modellversuche, mit denen die Blankoverordnung erprobt werden soll. Dabei entscheiden Therapeuten nach ärztlicher Diagnose über Art und Frequenz der Therapie. "Ich bin ein entschiedener Verfechter der Blankoverordnung, weil die Physiotherapeuten die Qualifikation haben, abhängig vom Krankheitsverlauf das geeignete Heilmittel selbst festzulegen", sagt Baden-Württembergs KV-Chef Dr. Norbert Metke im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Denn ein Heilmittel, das zum Zeitpunkt des direkten Arzt-Patienten-Kontaktes indiziert war, könne es bei Aufnahme der Physiotherapie nicht mehr sein, erläutert der Orthopäde. Metke wendet sich allerdings dagegen, dass der Physiotherapeut die Dauer der Therapie bestimmt. "Denn dadurch wird dem Arzt jede Möglichkeit der Verlaufskontrolle der Therapie genommen", warnt der KV-Chef.
Er würde sich wünschen, "dass in den Modellversuchen eine Art Enddatum der Therapie definiert wird, bis zu dem der Physiotherapeut die Dauer der Therapie nach der ärztlichen Diagnose selbst gestalten kann", sagt Metke. Denn die Physiotherapie sei immer nur eine von vielen möglichen Therapieformen. Doch die Indikation der Differenzialtherapie könne aufgrund seiner Ausbildung nur der Arzt stellen, argumentiert Metke. Zudem sei es in vielen Fällen nötig, durch den Verlauf der Therapie auch die Eingangsdiagnose zu revidieren. "Auch das kann nur der Arzt."
Metke wehrt sich gegen Vorhaltungen, seine Argumentation sei ökonomisch getrieben. Es gehe nicht ums Honorar für zusätzliche ärztliche Kontrollen, stellt er klar. "In fast allen Kapiteln des EBM sind diese Leistungen pauschaliert. An der ärztlichen Honorierung ändert sich nichts, unabhängig davon, wie häufig der Arzt den Patienten sieht", erinnert Metke.
Der Gesetzgeber hat vorgegeben, dass die Modellversuche ausschließlich zwischen Krankenkassen und den Verbänden der Physiotherapeuten vereinbart werden – ohne Beteiligung der Ärzte. Zudem gilt, dass die Heilmittelausgaben schon seit Jahren das Element in der GKV mit den höchsten Steigerungsraten sind, die zwischen sechs und zehn Prozent pro Jahr liegen. Er sei "gespannt, wie die Krankenkassen diese Entwicklung bewerten", so Metke. Denn auch Kassen hätten Interesse an "einer sinnvollen, evidenzbasierten und von den Kosten her kontrollierbaren Versorgung".
Über die Blankoverordnung hinaus hat sich der Bundesrat auch für den Direktzugang der Patienten in die Physiotherapie starkgemacht. Diese Entwicklung dürfe nicht zu Lasten der Budgetverantwortung der Ärzte gehen, mahnt Metke. Der KV-Chef bezweifelt, dass Therapeuten vom Direktzugang tatsächlich profitieren würden. "Das Schicksal der Physiotherapeuten wäre dann die Verkammerung und die Budgetierung, weil der Gesetzgeber dauerhaft sicherlich nicht alle Kostenbremsen loslassen wird."