Defizite
Berlin braucht mehr ambulante Geriater
Die Defizite in der ambulanten geriatrischen Versorgung in der Hauptstadt lassen sich nach Auffassung des Senats nur durch attraktive Honoraranreize beseitigen. Vor allem Hausärzten fällt dabei eine wichtige Funktion zu.
Veröffentlicht:BERLIN. Um mehr geriatrische Qualifikation in die ambulante Versorgung zu bekommen, sind Vergütungsanreize nötig. Diese Auffassung vertritt der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU).
"Ich glaube, dass wir im niedergelassenen Bereich ohne Vergütungsanreize für die Behandlung Hochaltriger nicht weiterkommen werden", sagte Czaja bei der offiziellen Vorstellung des Strategieprozesses 80Plus Ende August.
Er verwies darauf, dass die geriatrischen Fachabteilungen an den meisten Krankenhäusern auch erst entstanden seien, nachdem die geriatrischen Komplexpauschalen deutliche Systemanreize gesetzt haben.
Für hilfreich hält Czaja ambulante geriatrische Anlaufstellen der Krankenhäuser nach dem Vorbild der Institutsambulanzen aus anderen Fachrichtungen.
Stationäre Geriater würden derzeit einen Mangel an Ansprechpartnern und einen Mangel an Kompetenz im ambulanten Bereich erleben, berichtete Czaja. Der Gesundheitssenator der Hauptstadt verwies darauf, "dass da eine Lücke klafft".
Ganze neun Fachärzte für Geriatrie sind den Angaben zufolge derzeit ambulant in Berlin tätig. Nach Berechnungen von Experten der Altersmedizin bräuchte etwa ein Fünftel der Hausärzte eine geriatrische Zusatzqualifikation. Das wären allein in Berlin rund 500 von knapp 2500 Hausärzten in Berlin.
Insgesamt sind seit 2010 nach Angaben des Geriaters Professor Michael Berliner rund 50 neue internistische Fachärzte für Geriatrie in Berlin weitergebildet worden. Sie sind jedoch meist an Kliniken tätig.
Zusatzqualifikation Geriatrie in drei Bundesländern
Berlin ist nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg das dritte Bundesland, das die neue Qualifikation in seiner Weiterbildungsordnung verankert hat. Eine Zusatzqualifikation Geriatrie haben seit 2010 laut Berliner knapp 70 Ärzte in Berlin erworben.
"Wir werden hier in Zukunft mehr bekommen müssen, um die Versorgung sicherzustellen", sagte Berliner, der Chefarzt am Helios Klinikum Berlin-Buch und stellvertretender Vorsitzender des Weiterbildungsausschusses der Berliner Ärztekammer ist.
Im Strategieprozess 80Plus fungiert Berliner als Sprecher für das Handlungsfeld Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das ist eines von sieben Handlungsfeldern im Rahmen des einjährigen Prozesses, der das Gesundheits- und Sozialsystem der Hauptstadt besser an die Bedürfnisse Hochaltriger anpassen soll.
Vor allem Hausärzte müssten in die Lage versetzt werden, die spezifischen Anforderungen hochaltriger Patienten zu bedienen, meint Berliner.
Denn der Löwenanteil der ambulanten Versorgung Hochaltriger werde mit Sicherheit über Hausärzte laufen. Der internistische Geriater schafft aus seiner Sicht eher eine ergänzende Facharztschiene.
Doch: "Der Hausarzt hat die Hauptsteuerungsfunktion", sagte Berliner. Er plädierte daher für einen zügigen Ausbau der geriatrischen Fortbildungsmöglichkeiten. (ami)