Coronavirus
Kliniken erhalten Bonus für jedes zusätzliche Intensivbett
Bund und Länder bauen für das Krisenszenario wegen des Coronavirus vor: Zusätzliche Intensivbetten in Krankenhäusern sollen von den Kassen bezahlt werden. RKI-Präsident Wieler sagt einen hohen Bedarf an Beatmungsplätzen voraus.
Veröffentlicht:Berlin. Die Intensivkapazitäten der Krankenhäuser in Deutschland sollen aufgestockt werden. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs am Donnerstagabend in Berlin geeinigt.
Krankenhäuser sollen für jedes Intensivbett, „das zusätzlich provisorisch geschaffen und vorgehalten wird“, einen Bonus erhalten. Zudem sollen die Krankenhäuser „soweit medizinisch vertretbar“ grundsätzlich alle planbaren Operationen ab Montag „auf unbestimmte Zeit“ verschieben und aussetzen, haben die Regierungschefs in ein Papier geschrieben, das die Bayerische Staatskanzlei am Freitagvormittag gegenüber der „Ärzte Zeitung“ noch als „Beschlussentwurf“ einordnete.
Kassen sollen bezahlen
Die den Krankenhäusern entstehenden wirtschaftlichen Kosten sollen von den gesetzlichen Krankenkassen ausgeglichen werden. Bayern hat derzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) inne.
Bund und Länder fordern die Krankenhäuser zudem auf, den Einsatz von Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachkräften und weiteren Personals so zu planen und zu erhöhen, dass die Durchhaltefähigkeit der Intensiv- und Beatmungskapazitäten gestärkt wird.
Gleichzeitig wollen Bund und Länder ihre Maßnahmen verstärken, die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen. Dazu gehören die Aufklärung besonders gefährdeter Personen, die Absage von Veranstaltungen, die Schließung von Schulen und das Vorziehen der Osterferien.
RKI: Besuchsverbote in Heimen sinnvoll
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Professor Lothar H. Wieler hat am Freitag Besuchsverbote in Pflegeheimen als sinnvoll bezeichnet. Die bayerische Landesregierung hatte ein solches Verbot am Freitagvormittag erlassen.
Wieler regte an, diese Einschränkung bundesweit auszurollen. Grund ist, dass ältere Menschen nach einer Infektion mit dem Virus besonders schwere Krankheitsverläufe durchmachen. Der RKI-Präsident geht davon aus, dass etwa fünf Prozent der tatsächlich registrierten Infizierten intensivmedizinisch betreut und beatmet werden müsse.
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In Deutschland müsse in den kommenden Jahren mit bis zu 50 Millionen Infizierten (60 bis 70 Prozent der Bevölkerung) gerechnet werden. Etwa 80 Prozent davon dürften geringe bis gar keine Symptome ausbilden. Etwa 2,5 Millionen könnten aber rechnerisch von schwereren Verläufen betroffen werden, sagte Wieler.
Diese epidemiologische Hochrechnung zeige auf, wie notwendig die Verlangsamung der Ausbreitung des Virus sei. Je mehr Menschen gleichzeitig auf intensivmedizinische Versorgung angewiesen seien, desto wahrscheinlicher und schneller stoße das Gesundheitssystem an seine Grenzen.
Digitales Intensivversorgungs-Management in Kliniken
Die Zahl der Beatmungsplätze im Land sollte daher so hoch wie möglich steigen und gehalten werden, sagte Wieler. Gemeinsam mit den Ärzteverbänden der Intensivmedizin und der Deutschen Krankenhausgesellschaft werde derzeit ein digitales Intensivversorgungs-Management aufgebaut.
Beatmungsplätze würden digital erfasst, um Patienten bei Bedarf dorthin steuern zu können, wo Kapazitäten frei seien. Weitere Reserven für die Versorgung könnten Medizinstudenten sein. Wichtig sei auch, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) in der Lage sei, Fälle früh zu erkennen und zu diagnostizieren.
Besonders Männer betroffen
Von Donnerstag auf Freitag ist die Zahl der Infektionen in Deutschland um zehn Prozent angewachsen. Stand Freitagvormittag waren 2369 Menschen laborbestätigt mit dem Coronavirus infiziert. Betroffen seien von 0 bis 89 Jahren alle Altersgruppen, davon 57 Prozent Männer. „Für Menschen ab 50, 60 Jahren mit Grunderkrankungen steigt das Risiko“, sagte Wieler.
Am stärksten betroffen sind zur Zeit Nordrhein-Westfalen mit 688, Bayern mit 500 und Baden-Württemberg mit 451 Infizierten (siehe nachfolgende Tabelle). Die Brennpunkte könnten sich verändern, sagte Wieler. Die Epidemie werde sich nicht gleichmäßig ausbreiten, sondern wechselnde, regionale Brennpunkte ausbilden.