Krebsfrüherkennung
Die Gefahren sind vielen Patienten nicht bewusst
Eine neue Studie zeigt: Viele Patienten in Deutschland nehmen an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen teil, doch nur wenige wissen um die Risiken. Das wirft die Frage auf: Wie gut kären Ärzte im Vorfeld auf?
Veröffentlicht:GÜTERSLOH. Für Krebsfrüherkennungsuntersuchungen ist in den vergangenen Jahren stark geworben worden. Vernachlässigt wurde dabei die Aufklärung der Patienten, damit diese Nutzen und Risiken eines Screenings abwägen können.
Das geht aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung im Rahmen des neuen "Gesundheitsmonitors 2014" hervor. Datengrundlage bildet die Befragung von 930 Frauen und 865 Männern über ihren Kenntnisstand zur Krebsfrüherkennungen, zu Teilnahmegründen und zur ärztlichen Aufklärung (siehe Infografik).
Nur 34 Prozent der Befragten stimmten bei einem "Wissenstest" der Aussage zu, Früherkennungen hätten auch Risiken. 26 Prozent der Befragten hielten dies für eine falsche Aussage, weitere 40 Prozent antworteten mit "weiß nicht".
Vor diesem Hintergrund konstatiert Studienautorin Dr. Sylvia Sänger vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, "wäre der Mehrheit der Menschen eine informierte Entscheidung (über Teilnahme oder Nicht-Teilnahme, d. Red.) gar nicht möglich".
Ausreichende Aufklärung? Jeder Vierte sagt nein
Gefragt nach den Gründen der Teilnahme bestätigen die Befragten die überragende Bedeutung der Arztempfehlung. 84 Prozent halten den Rat des Arztes für eine Früherkennung für "sehr wichtig" oder "wichtig", 16 Prozent für "weniger wichtig" oder "unwichtig".
Besonders wichtig sei eine solche Empfehlung für die Gruppe der 60- bis 79-Jährigen, die in einer "eher paternalistischen Arzt-Patienten-Beziehung sozialisiert" worden sei, heißt es.
Nur 46 Prozent der Befragten sagten, sie seien bei ihrer letzten Krebsfrüherkennung so über Nutzen und Risiken aufgeklärt worden, dass sie sich eine eigene Vorstellung hätten machen können. Jeder vierte Befragte verneinte die Frage nach einer ausreichenden Aufklärung, 29 Prozent antworteten mit "weiß nicht mehr".
Nach Einschätzung von Studienautorin Sänger scheitert eine ausgewogene Aufklärung oft daran, dass auch Ärzte den Nutzen einer Früherkennung überschätzen. Sie forderte, Ärzte sollten "in der Kommunikation über Nutzen und Risiken gesondert geschult werden".
Die Bertelsmann-Studie zeigt allerdings, dass die Aufklärung ein schwieriges Geschäft ist, das zudem stark bildungs- und altersspezifisch erfolgen muss.
Dies gilt etwa für die Entscheidungsgrundlagen eines Patienten und die Art der Aufbereitung dieser Informationen: So antworteten zwei von drei Befragten, sie bräuchten keine Zahlen oder Prozentangaben etwa zur Häufigkeit von Nebenwirkungen oder zur Fehleranfälligkeit der Untersuchungsergebnisse.
Ihnen reiche es, wenn jemand die Untersuchung empfiehlt, dem man vertraut. Dabei geben Männer signifikant häufiger als Frauen an, für sie seien Zahlenangaben etwa zum Nutzen und Schaden eine wichtige Entscheidungsgrundlage.
Ärzte haben eine Schlüsselrolle
Entsprechend differenziert müssen Informationsangebote aufbereitet und über verschiedene Medien verbreitet werden. Auch hier haben Ärzte eine Schlüsselrolle: 71 Prozent der Befragten nennen das Gespräch mit dem Hausarzt "sehr hilfreich", weitere 26 Prozent "ein wenig hilfreich".
Besonders häufig wird der Arzt von Männern genannt. Der vermeintliche Vorsorgemuffel handelt getreu dem Motto: Wenn sich Männer schon mit ihrer Gesundheit beschäftigen, dann lieber gleich den Arzt fragen.
Dagegen sind Informationsbroschüren nur für etwas mehr als jeden Fünften (22 Prozent) "sehr hilfreich". Hauptzielgruppe hierfür sind vor allem Frauen sowie die 18- bis 39-Jährigen. Informationsvideos im Internet halten nur fünf Prozent für hilfreich - vor allem junge Leute und solche mit Haupt- und Volksschulabschluss.
Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, fordert, für jede Früherkennungsuntersuchung solle es "ein Set an wissenschaftlich fundierten und leicht verständlichen Entscheidungsmaterialien über verschiedene Kanäle" geben.
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