Der Standpunkt

Durchbruch für Information

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Mit dem gestern ergangenen Urteil zur Publikation von Beipackzetteln im Internet hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Patientensouveränität gestärkt und der Freiheit von Informationen zum Durchbruch verholfen.

Gerade damit tun sich die Medizin, viele Ärzte und ihre Organisationen, aber auch Gesundheitspolitiker schwer - auch wenn sie die Belange von Patienten stets im Munde führen, in Wirklichkeit aber Bevormundung betreiben.

Der Hintergrund: Seit Jahren streiten Gesundheitspolitiker in Europa darüber, ob und wie es pharmazeutischen Unternehmen gestattet sein soll, Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel zu verbreiten.

 Dabei war von vornherein eines klar: Zu keinem Zeitpunkt war es das Ziel, den Unternehmen die Werbung für rezeptpflichtige Medikamente beim Endverbraucher (Direct-to-Consumer-Advertising) zu erlauben. Diese Liberalisierung hat sich in den USA als extrem teures Marketing-Instrument erwiesen und die Arzneimittelversorgung verteuert.

Auf der Basis des EuGH-Urteils ist es nun möglich, dass interessierte Bürger, die nicht Arzt oder Apotheker sind, auf eigene Initiative via Internet Zugang zum Beipackzettel von rezeptpflichtigen Arzneimitteln erhalten.

Wesentlich sind dabei diese Aspekte: Die Information muss aktiv nachfragt werden, und dies ist bei der Internet-Suche regelmäßig zu unterstellen. Ferner: "Es handelt sich um Informationen, die nicht nur objektiv sind und a priori für den Verbraucher keine Gefahr darstellen, sondern die auch genehmigt wurden und die ... sogar zwingend angegeben werden müssen." So die Festellung des Gerichtshofs.

Die Luxemburger Richter wollen zwar nicht ausschließen, dass ein Arzt aufgrund der Bitte eines informierten Patienten dazu veranlasst wird, ein anderes als das von ihm zunächst bevorzugte Medikament zu verschreiben.

Dies basiere dann aber auf einem "fruchtbaren Dialog" zwischen Arzt und informiertem Patient. Dass eine solche Partnerschaft die Compliance und die Effektivität der Therapie stärkt, gehört inzwischen wohl zum Allgemeingut.

Lesen Sie dazu auch: Beipackzettel von Arzneien dürfen ins Internet

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Kommentare
Renita Bublies 06.05.201111:39 Uhr

Kostendämpfung und Compliance

Es dürfte auch der Kostendämpfung dienen, wenn nicht Tausende von Medikamentenpackungen erst gekauft (bzw. Rezepte auf Kassenkosten eingelöst) und dann nach Lesen des Beipackzettels entsorgt werden, weil z.B. unverträgliche Hilfsstoffe erst dabei bekannt werden (Gelatine für Moslems oder Veganer, Allergene, Farbstoffe usw).
Auch Kontraindikationen oder Wechselwirkungen werden vom Arzt gelegentlich übersehen (sollte nicht sein, aber wir wissen alle, dass es passiert, vor allem bei gleichzeitiger Behandlung durch verschiedene Fachrichtungen), deretwegen der Patient das Medikament dann doch ungenutzt liegen lässt.

Der informierte Patient kann sich bereits vor Einlösung des Rezepts kundig machen, ob das Medikament für ihn persönlich geeignet ist, und mit seinem Arzt eine Alternative suchen. Für den betroffenen Pharmahersteller kein Gewinnzuwachs, für die Gemeinschaft der Versicherten aber sicher. Die veröffentlichende Firma betreibt insofern keine Werbung für ihr Produkt, sondern für ihre Ehrlichkeit.

Ein erfreuliches Urteil für den mündigen Patienten und den verantwortungsbewussten Verordner.

Dr. Herbert Richter-Peill 06.05.201107:49 Uhr

Für Patienten im Krankenhaus eine gute Entscheidung

So erhalten dann auch Patienten im Krankenhaus die Möglichkeit, sich über die dort verordneten Medikamente zu informieren - wenn denn die Namen der ihm verordneten Medikamente überhaupt bekannt gegeben werden. Alltag im Krankenhaus ist, dass der Patient seine geblisterten namenlosen Tabletten hingestellt bekommt und als auffällig gilt, wenn er sein Recht auf Einsicht in die Beipackzettel einfordert.
Dr. Herbert Richter-Peill, Nervenarzt, Hamburg

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