Nach dem Brexit

EU-Ärzte sollen bleiben dürfen

Theresa May hat ein Bleiberecht für EU-Bürger nach dem Brexit angekündigt. Betroffene Ärzte nehmen das mit gemischten Gefühlen auf.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Bleiben EU-Ärzte doch nicht im Regen stehen? Großbritannien erwägt ein Bleiberecht für EU-Bürger nach dem Brexit.

Bleiben EU-Ärzte doch nicht im Regen stehen? Großbritannien erwägt ein Bleiberecht für EU-Bürger nach dem Brexit.

© shocky / stock.adobe.com

LONDON. "Erleichtert, aber alles andere als zufrieden" – mit diesen Worten beschreiben in Großbritannien praktizierende Ärzte aus Deutschland und anderen EU-Staaten die jüngste Ankündigung der Londoner Regierung.

EU-Bürger sollen auch nach dem Brexit weiterhin in Großbritannien leben und arbeiten dürfen, sofern sie seit mindestens fünf Jahren legal im Land sind. Der Brexit betrifft Zehntausende Ärzte, Pfleger und andere Gesundheitsberufe aus der EU.

Tausende Ärzte betroffen

Die britische Premierministerin Theresa May hatte in Brüssel bekannt gegeben, dass EU-Bürger unter bestimmten Voraussetzungen auch nach dem Austritt des Königreichs aus der EU im März 2019 ein Bleiberecht in Großbritannien haben sollen.

In Großbritannien leben mehr als drei Millionen EU-Bürger, darunter Tausende Ärzte. Viele von ihnen leben und arbeiten seit vielen Jahren oder Jahrzehnten in Großbritannien.

Bis zur Ankündigung Mays am Donnerstag war unklar, ob Ärzte, Krankenschwestern und andere EU-Bürger in Großbritannien nach dem Brexit überhaupt im Land bleiben dürfen. Das hat zu großer Verunsicherung nicht nur bei deutschen Ärzten geführt.

"Das war sehr belastend, nicht zu wissen, was kommt", so ein deutscher Arzt, der in einem großen Londoner Krankenhaus arbeitet, gegenüber der "Ärzte Zeitung".

Rund 55.000 der 1,2 Millionen Mitarbeiter des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) kommen aus anderen EU-Ländern. Besonders deutsche Ärzte genießen in Großbritannien hohes Ansehen und die ärztliche Ausbildung in Deutschland wird von britischen Gesundheitspolitikern oftmals als vorbildlich gelobt.

Seit dem Brexit-Votum im Juni 2016 hing jedoch ein großes Fragezeichen über ihren Zukunftschancen. Gespräche in großen Kliniken und Hausarztpraxen zeigten, dass viele Mediziner aktiv erwägen, das Land zu verlassen.

"Wir hängen nach wie vor in der Luft"

Die jüngsten Ankündigungen von Premierministerin May werden von der Ärzteschaft im Königreich zwar als "Schritt in die richtige Richtung" gewertet. Allerdings stecke der Teufel wie so oft im Detail, hieß es in London.

So ist zum Beispiel unklar, ob der Europäische Gerichtshof in Streitfragen auch nach dem Brexit weiter zuständig ist, um die Rechte für EU-Bürger im Königreich zu überwachen.

"Wir hängen nach wie vor in der Luft, was unsere Zukunft angeht", so der deutsche Klinikarzt, der anonym bleiben möchte. "Das ist sehr belastend und ich bin sehr enttäuscht, wie sich Großbritannien gerade verhält."

Laut britischen Statistiken leben in Großbritannien knapp 300.000 Deutsche, viele davon bereits seit Jahrzehnten. Theresa May versprach, dass diejenigen, die "mindestens fünf Jahre legal" im Land seien, auch nach dem Brexit zum Beispiel weiterhin Anspruch auf Gesundheitsleistungen haben werden.

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Kommentare
Florian Diaz Pesantes 26.06.201715:36 Uhr

Brexit means Doxit...

Jedenfalls für mich. Der deutsche Facharzt (für Dermatologie) ist nicht vollständig anerkannt. Consultant jobs kann man nur als locum ausfüllen. Meine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind in den letzten zwei Jahren um 60% auf deutlich über 50 % vom Brutto angestiegen, weil wir jetzt alle Scheinselbständige sind. Das Antragsformular für eine Aufenthaltsgenehmigung umfasst 85 Seiten, und der Aufenthalt der Familienangehörigen ist nicht gesichert.

Ich finde das NHS nach wie vor excellent, nicht so kommerziell wie unser deutsches Kassenarztsystem, vor allem gibt es keine Regresse. Aber die Zukunft des NHS ist nach dem Brexit nicht gesichert, speziell unter den Tories. Privatisierung ist schon länger im Gange, und wo soll das Steuergeld herkommen. Vom Außenhandel mit Simbabwe und den Fidschiinseln eher nicht.

Natürlich besteht der Ärztemangel fort, verhungern kann man hier nicht, aber den Schalmeienklängen Theresa Mays traue ich nicht. Die Briten sind nämlich Weltmeister im erbrüten bürokratischer Monster, schlagen Brüssel um Längen.

Also farewell und Godspeed für mich und etliche Andere. Britische Jobs für Britische Bürger, meinen Segen haben sie, dauert ja nur 12 Jahre, bis die Ersten Facharztreife haben.

Die Heimat ruft

Mit freundlichen Grüßen
Florian Diaz

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