COVID-19-Vakzine
EU auf Shoppingtour bei Corona-Impfstoffen
Die EU-Kommission sichert sich in Verträgen mit Herstellern Zugriff auf einen künftigen Corona-Impfstoff. Brüssel will europäische Produktionstandorte – und gibt dafür Abnahmegarantien.
Veröffentlicht:Brüssel. Die Welt wartet auf einen Impfstoff gegen das Coronavirus. In Brüssel ist man derweil auf Shopping-Tour bei den großen Herstellern unterwegs. „Unsere Verhandlungen zur Sicherung eines breiten Portfolios von Impfstoffen für unsere Bürger und für die Welt werden unvermindert fortgesetzt“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides vor wenigen Tagen.
Inzwischen gibt es erste Erfolge. Zunächst haben die Regierungen der EU-Kommission die Verhandlungen für die Versorgung der 27 Mitgliedstaaten übertragen – auch die Impfallianz, in der sich Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Italien zusammengeschlossen haben.
Der wichtigste Punkt: Die bisher abgeschlossenen Verträge umfassen Abnahmegarantien, mit denen sich die EU Zugriff auf eine ausreichende Menge der zu erwartenden Impfstoffe sichert. Voraussetzung für einen Vorvertrag sind nach einer Mitteilung der Brüsseler Behörde Produktionskapazitäten in Europa, selbst wenn das Unternehmen seinen Sitz außerhalb der EU hat.
Vier Vakzine-Produzenten im Rennen
Bisher wurden Abmachungen für einen Rahmenvertrag mit Janssen Pharmazeutika (es gehört zum US-Konzern Johnson und Johnson) für den Ankauf von 200 Millionen Dosen geschlossen sowie ein Vorkaufsrecht für weitere 200 Millionen. 300 Millionen Dosen hat sich die Gemeinschaft bei einem Joint Venture von Sanofi und GlaxoSmithKline gesichert. Und erst vor wenigen Tagen kam ein Abkommen mit AstraZeneca zustande. Umfang: 300 Millionen Dosen sowie eine Option für weitere 100 Millionen.
Dabei bestätigte die EU-Kommission auf Anfrage, dass Deutschland und andere EU-Staaten nicht mehr parallel über einen eigenen Verträge mit AstraZeneca verhandeln. Ursprünglich hatte eine Impfstoffallianz aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden mit AstraZeneca einen Vertrag über mindestens 300 Millionen Impfdosen geschlossen. Diese Verhandlungen seien auf Anfrage der vier Staaten jedoch nun von der EU-Kommission übernommen worden, hieß es nun aus der Brüsseler Behörde.
Und auch mit dem Tübinger Biotech-Unternehmens Curevac arbeitet die EU zusammen und sichert sich den Zugriff auf bis zu 405 Millionen Dosen des potenziellen Corona-Impfstoffs. Man habe Sondierungsgespräche mit dem Unternehmen abgeschlossen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit.
Laut Curevac geht es um einen Vorvertrag über 225 Millionen Dosen sowie eine Option auf 180 Millionen weitere. Diese würden bereitgestellt, sobald sich der Impfstoff, an dem das Unternehmen derzeit arbeitet, als wirksam und sicher erwiesen habe.
„Jede Gesprächsrunde, die wir mit der pharmazeutischen Industrie abschließen, bringt uns unserem Ziel, das Virus zu besiegen, näher“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Vakzine-Forschung weit fortgeschritten
Deren Forschung ist weit fortgeschritten: Nach Mitteilung der Kommission befindet sich das Serum von AstraZeneca in den Phasen II und III, nachdem in den Phasen I und II vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf Sicherheit und Immunogenität erzielt wurde.
Am Donnerstag kam noch ein Großeinkauf dazu: Beim deutschen Konzern CureVac erwarb man ein Vorkaufsrecht über 225 Millionen Dosen. In Brüssel zeigt man sich überzeugt, dass die Diversifizierung der Impfstoffbeschaffung sinnvoll ist und Anfang 2021 zugelassene Präparate zur Verfügung stehen werden.
Die Verteilung erfolgt dann zunächst über einen bestimmten Schlüssel, bei dem die Größe der Bevölkerung ausschlaggebend ist. „Wir besprechen den jeweiligen Bedarf mit den Mitgliedstaaten und identifizieren auf dieser Basis ein Beschaffungsziel“, heißt es aus der EU-Kommission. Absehbar scheint, dass zunächst das medizinische Personal geimpft werden soll sowie weitere Personen, die in häufigem Kontakt mit anderen Menschen stehen.
Vakzine-Versorgung auch für Nicht-EU-Partner?
Nach Angaben aus Brüssel soll jeweils eine bestimmte Zahl von Dosen auch an andere Länder weitergegeben werden, die aufgrund knapper Mittel keine Einkäufe für ihre Bevölkerung tätigen können. „Diese Strategie“, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, „wird es uns ermöglichen, Europäer sowie unsere Partner anderswo in der Welt mit künftigen Vakzinen zu versorgen.“
Die Kosten übernehmen die Mitgliedstaaten, die EU finanziert aus ihrem Sonderfonds ESI (Emergency Support Instrument), der mit 2,7 Milliarden Euro ausgestattet ist, die laufenden Kosten. (ded, mit dpa-Material)