Neuer US-Gesundheitsminister Tom Price

Ein ultrakonservativer Arzt und Gegner von "Obamacare"

Macht er "Obamacare" platt? Der orthopädische Chirurg Tom Price sitzt für Georgia im Repräsentantenhaus und ist designierter Gesundheitsminster der USA:

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Ein ultrakonservativer Arzt und Gegner von 'Obamacare'

© Michael Reynolds / dpa / picture-alliance

Von Claudia Pieper

WASHINGTON. Dass Donald Trump sich den Abgeordneten Tom Price als Gesundheitsminister ausgesucht hat, spricht Bände: Zum einen signalisiert es, dass sich Trump nach kurzer Verunsicherung wieder voll hinter die Abschaffung von "Obamacare" gestellt hat. Zum anderen bedeutet es, dass er den Prozess nur einem echten Fachmann zutraut.

In Tom Price hat Trump beides gefunden: einen Experten und vehementen Obamacare-Gegner. Der 62-jährige Price war vor seiner politischen Karriere orthopädischer Chirurg und Medizinprofessor an der Emory University Atlanta. Im Jahr 2005 wurde der dogmatische Abtreibungsgegner Abgeordneter für den Bundesstaat Georgia und gehörte dem ultrakonservativen Tea-Party-Kreis des Repräsentantenhauses an.

Im Parlament hat sich Price vor allem in der Gesundheitspolitik einen Namen gemacht. Er ist einer der wenigen Republikaner, die ein ausführliches Gegenkonzept zu der unter Obama verabschiedeten Gesundheitsreform entwickelt haben. In jeder Legislaturperiode hat Price eine entsprechende Gesetzvorlage eingeführt, die die bestehende Reform aufheben und mit neuen Regelungen ersetzen sollte.

Ein Mann fürs detaillierte Konzepte

Anders als viele seiner republikanischen Abgeordnetenkollegen machte sich Price dabei die Mühe, ins Detail zu gehen und seine Ideen in über 200 Seiten Gesetzestext zu gießen. Dass er in seiner Partei mittlerweile viel Respekt genießt, zeigte sich im letzten Jahr, als Price den angesehenen Leiterposten des Haushaltkomittees zugesprochen bekam.

Die meisten Ideen, die Donald Trump als flotte Sprüche im Wahlkampf zum Besten gegeben hat, finden sich irgendwo in Prices Gesetzvorlage wieder.

Natürlich will er die unbeliebte Versicherungspflicht aufheben. Statt dessen setzt Price auf das in seiner Partei mittlerweile sehr beliebte Konzept der "Continous Coverage": Wer lückenlos versichert ist, soll weiterhin dagegen geschützt sein, wegen Krankheit abgelehnt zu werden oder höhere Beiträge zu bezahlen. Wer aber – etwa wegen eines Arbeitsplatzverlusts oder -wechsels – nicht kontinuierlich versichert ist, verliert diesen Schutz vor Ablehnung und höheren Versicherungsbeiträgen, die auf dem Gesundheitszustand basieren.

Zuflucht in "High Risk Pools"

Wer auf Grund von Versicherungslücken auf dem freien Markt keine erschwingliche Police finden kann, soll nach Prices Vorstellung Zuflucht in sogenannten "High Risk Pools" finden. Die Zusammenfassung von "schlechten Versicherungsrisiken", sprich Menschen, die für die Versicherungen unattraktive Kunden sind, gab es schon vor Obamacare. Trotz Regierungszuschüssen sind die Beiträge in solchen, von den Bundesstaaten unterhaltenen Pools typischerweise hoch – nicht verwunderlich, da in ihnen kein Risikoausgleich stattfindet.

Unter Obamacare haben diejenigen, die sich individuell versichern müssen, großzügige, vom Einkommen abhängige Finanzhilfen erhalten. Price will dagegen Zuschüsse, die nur vom Alter abhängig sind. Ältere Versicherte würden stärker bezuschusst, weil sie höhere Beiträge zu schultern hätten. Nach diesem Konzept würde sich ein Milliardär wie Bill Gates aufgrund seines fortgeschrittenen Alters für die höchsten Finanzhilfen qualifizieren.

Unter der jetzigen Reform haben rund elf Millionen arme Erwachsene einen Versicherungszugang erhalten, indem die Regierung Bundesstaaten finanziell darin unterstützt hat, ihre Medicaid-Programme zu erweitern. Das Konzept von Tom Price sieht hier nichts vor. Würde er sich durchsetzen, könnte das für Millionen Einkommensschwache eine Rückkehr zu den Zeiten bedeuten, als die Notaufnahme oft ihre einzige Zuflucht bei Krankheit war.

Allerdings ist es höchst unwahrscheinlich, dass Tom Price seinen Gesetzentwurf unverändert durch den Kongress boxen wird. Er ist für seine enge Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, bekannt, der ebenfalls reichlich Ideen zum Thema Gesundheitspolitik hat. Ryans Reformkonzept sieht zum Beispiel wesentlich großzügigere Finanzhilfen für den Kauf von Versicherungen vor als Prices.

Eine profilierte Mitstreiterin

Ebenfalls interessant ist die Tatsache, dass Trump seinem Gesundheitsminister eine Mitstreiterin zur Seite stellt, die intime Kenntnisse im Bereich der Armenversicherung Medicaid mitbringt. Seema Verma soll die Verwaltung von Medicaid und der Seniorenversicherung Medicare übernehmen. Sie hat als Beraterin mehrere Bundesstaaten darin unterstützt, konservative Elemente in ihre erweiterten Medicaid-Programme einzubauen.

Unter ihrer Anleitung hat zum Beispiel der Bundesstaat Indiana sein Programm für die Armen erweitert, allerdings unter der Bedingung, dass auch die Einkommensschwachen einen gewissen finanziellen Beitrag zu ihrer Versorgung leisten müssen. Verma hat dabei eng mit dem Gouverneur von Indiana, Mike Pence, zusammengearbeitet, der jetzt Vizepräsident unter Donald Trump wird.

Diese Mitglieder der neuen Führungsriege werden eine Menge mitzureden haben, wenn es darum geht, Obamacare "mit etwas viel Besserem zu ersetzen", wie Trump es formuliert hat. Viel steht auf dem Spiel: Für die neu Regierenden die Zufriedenheit der Wähler und für US-Bürger die Zukunft ihrer Gesundheitsversorgung.

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