Bundesverfassungsgericht

Entlastung für Familien? Karlsruhe bei Pflege am Zug

Das Sozialgericht Freiburg will vom Bundesverfassungsgericht geklärt wissen, ob die Pflegefinanzierung verfassungskonform ist.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BERLIN/FREIBURG. Die Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung könnte erneut das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Das Sozialgericht Freiburg hat sich mit der Klage von Eltern aus Waldshut-Tiengen zu beschäftigen, die nicht mehr Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zahlen wollen.

Sie argumentieren, bei der Beitragsbemessung werde nicht der generative Beitrag berücksichtigt, den sie durch die Erziehung ihrer vier Kinder leisten, teilt der Deutsche Familienverband mit, der das Verfahren unterstützt (Az. 6 KR 5415/15).

"Aus der Ecke der Querulanten herausgeholt"

Das SG Freiburg will über diese Frage im Zuge einer sogenannten Richtervorlage nach Artikel 100 Absatz 11 GG nun die Karlsruher Richter entscheiden lassen und setzt das Verfahren so lange aus. Dies bezeichnete Siegfried Stresing, Vorstandsmitglied des Deutschen Familienverbandes, als "wichtigen Etappensieg".

Damit würden Familien werden endlich "aus der Ecke der Querulanten herausgeholt", sagt Stresing. Zuvor haben bereits 376 Familien Verfassungsbeschwerde in der Sache eingelegt.

Das Bundesverfassungsgericht hat im April 2001 mit dem Pflegebeitragsurteil Rechtsgeschichte geschrieben. (1 BvR 1629/94). Dabei stellen die Richter eine gleichheitswidrige Belastung kindererziehender Versicherter fest, wenn diese den gleichen Beitrag zahlen müssen wie Kinderlose.

Ausdrücklich hoben sie die Gleichwertigkeit des monetären und des "generativen" Beitrags durch Kindererziehung hervor. Das Gericht forderte zum einen, die Benachteiligung von Eltern innerhalb der Sozialversicherung auszugleichen. Zum anderen trug es dem Gesetzgeber auf, die Bedeutung des Urteils "auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen".

Rot-Grün gegen Urteilsübertragung

Die rot-grüne Bundesregierung hat als Reaktion auf das Urteil ab 2005 einen Zuschlag von 0,25 Beitragspunkten für Kinderlose in der Sozialen Pflegeversicherung festgelegt. Eine Übertragung des Pflegebeitragsurteils auf andere Sozialkassen hielt sie hingegen für nicht geboten.

Zur Begründung wurde auch auf die Strukturunterschiede zwischen Pflege- und Rentenversicherung – etwa mit Blick auf die Beitragsäquivalenz der Leistungen verwiesen. Das Bundessozialgericht hat in mehreren Urteilen, zuletzt im Juli 2017 (Az. B 12 KR 14/15 R), erklärt, die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass ihre Erziehungsleistung direkt in geringere Beiträge münden.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Heilmittelverordnung

Manuelle Lymphdrainage: Ärzte von der Zeitfrage befreit

Preisträger gekürt

Galenus-Preis und Charity Award: Das sind die diesjährigen Gewinner

Lesetipps
Preisträger und Gastgeber des Galenus-von-Pergamon-Preises 2024 auf der Bühne

© Marc-Steffen Unger

Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie

Galenus-Preis 2024: Camzyos® gewinnt in der Kategorie Specialist Care

Nahmen den Galenus-von-Pergamon-Preis für Ebvallo in der Kategorie Orphan Drugs entgegen (V.l.n.r.): Moderatorin Yve Fehring, vom Unternehmen Pierre Fabre Milena Daguati, Business and Operations Lead, Dr. Frank Reichenbach, Deputy Medical Director Oncology DACH, Dr. Kai Neckermann, Director Market Access & Public Affairs, sowie der Vorsitzende der Galenus-Jury Professor Erland Erdmann und Denis Nößler, Chefredakteur der Ärzte Zeitung.

© Marc-Steffen Unger

Vorbehandelte EBV-positive PTLD

Galenus-Preis 2024: Ebvallo® gewinnt in der Kategorie Orphan Drugs